Angela Merkel unterstützt christliche Aufrüstung

Der Humanistische Verband Deutschland hat die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Beim Bundesparteitag in Karlsruhe sagte die religiöse Politikerin zuvor: „Wir haben nicht ein Zuviel an Islam, sondern ein Zuwenig an Christentum.“

Gegen Merkels Position wandte sich heute Frieder Otto Wolf, der als amtierender Präsident des HVD erklärte: „Diese Aussage ist jedoch ein Affront gegen die größte Bevölkerungsgruppe, nämlich derjenigen, die sich keiner Religion zugehörig fühlt. Soll diese künftig missioniert werden?“ Wolf wollte darüber hinaus wissen, auf welches Christentum sich die Bundeskanzlerin mit ihren Worten beziehen will.

„Meint sie etwa die von Missbrauchsskandalen gezeichnete Institution, von der die Mitglieder sich in Massen abwenden?“, fragte er mit Blick auf die Amtskirchen. Nach Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle durch kirchliche Funktionsträger in vor allem den Einrichtungen der katholischen Kirche hatten sich, nicht zuletzt aufgrund einer innerkirchlich lang etablierten Vertuschungspraxis, deutlich mehr Menschen als normal von den religiösen Organisationen abgewandt.

Auf die Forderung Merkels, dass die Deutschen mehr über die christlich-jüdische Tradition in Deutschland sprechen müssten, antwortete Wolf: „Wenn diese Gespräche unideologisch, auf der Basis von Fakten geführt werden, wird man schnell zu der Erkenntnis gelangen, dass es noch weitere identitätsstiftende Traditionen gibt, auf die Deutschland sich berufen kann.“ Grundsätzlich begrüße er aber diese Anregung.

In den vergangenen Wochen hatten zahlreiche führende Politiker in Deutschland die christliche Religion als tragendes Leitmotiv einer Debatte um die zukünftige Wertekultur in Deutschland beschworen. Dabei wurde von Vertretern der Kirchenparteien und des Klerus auch zunehmend der Einfluss der jüdischen Religionsgemeinschaft genannt, obwohl diese auch nach Ansicht des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) aufgrund der christlichen Lehren vom „Jesusverräter“ während der vergangenen Jahrhunderte die am meisten verfolgte Gruppierung in Europa gewesen ist.

Auch nichtreligiöse Menschen waren bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland immer wieder massiven Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Bedeutende Organisationen von Freidenkern und Humanisten in Deutschland wurden im Nationalsozialismus verboten und haben sich nach Kriegsende bis heute davon erholt.

Wolf betonte darum schließlich, dass das Augenmerk in der öffentlichen Debatte vor allem auf eine weniger von spezifischen Religionen zu vereinnahmende Tradition liegen muss. „Hier ist vor allem die Aufklärung zu nennen, der wir nicht zuletzt die Grundgedanken von Selbstbestimmung und Toleranz, von unteilbaren Menschenrechten verdanken. Diese Ideen mussten gegen den Widerstand der christlichen Kirchen durchgesetzt werden“, so Frieder Otto Wolf.

Bis Mitte des letzten Jahrhunderts hatte etwa der Vatikan die Allgemeine Erkärung der Menschenrechte als gotteslästerliche Anmaßung verurteilt. Die europäische Menschenrechtskonvention wurde bis heute nicht vom Papst unterzeichn