John Rawls und die Religion

"Religion und Ethik gehören für den jungen Rawls untrennbar zusammen. Für den Autor der «Theory of Justice» von 1971 war offenkundig das Gegenteil der Fall. Die Konzeption eines politischen Liberalismus, die Rawls nach seinem Hauptwerk entfaltet hat, bekräftigt einerseits die Trennung, andererseits reanimiert sie aber die Religion wieder für ethisch-politische Zwecke: Eine liberale politische Ordnung müsse der Tatsache des unaufhebbaren weltanschaulichen Pluralismus Rechnung tragen und insoweit neutral und minimalistisch sein. Andererseits aber sollten sich die elementaren Grundsätze jener Ordnung in jede – auch in jede religiöse – Weltanschauung wie ein Modul einbauen lassen. Umgekehrt heisst dies: Von diesen «umfassenden» metaphysischen Lehren und ihrer Motivationskraft zehrt auch die liberale politische Ordnung. – Ob diese Ordnung auf jene Lehren nur für ihre faktische Stabilität angewiesen ist oder aber auch im Hinblick auf ihre eigene vernünftige Legitimität, das bleibt, wie Jürgen Habermas in seinem gehaltvollen Nachwort festhält, bei Rawls – und nicht nur bei ihm – offen."

Ganzer Artikel: http://www.nzz.ch/magazin/buchrezensionen/gewichtungen_1.7800729.html

John Rawls: Über Sünde, Glaube und Religion . Mit Kommentaren von Joshua Cohen, Thomas Nagel und Robert Merrihew Adams. Mit einem Nachwort von Jürgen Habermas. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Schwark. Suhrkamp, Berlin 2010. 344 S., Fr. 39.90.