Rezension: Das Kirchenhasser-Brevier

Das Kirchenhasser-Brevier - ein verlorener Sohn rechnet ab; Ulli Schauen; 05/2010, Wilhelm Heyne Verlag, München

Der Journalist Ulli Schauen ist Sohn eines Pfarrers und war früher selbst tiefgläubig. In diesem gut recherchierten, kurzweilig und pointiert geschriebenen Buch deckt er die Geldgier der deutschen Kirchen auf. Jede Möglichkeit, mehr Geld einzunehmen, wird sofort erkannt und genutzt, ebenso wie jegliche Möglichkeiten, Kosten auf die Steuerzahler abzuwälzen. Ausserdem gibt Schauen Beispiele, wie die über 95% der Kirchensteuern, welche nicht wohltätigen Zwecken dienen, eingesetzt werden. Gutes nicht tun, aber drüber reden als ob, scheint das Motto dieser Organisationen zu sein - und kaum jemand verlangt Transparenz. Schauen ist kein Kirchenhasser, aber da den Kirchenkritikern dieses Etikett ohnehin angehängt wird, hat er es sich gleich selber verliehen. Dieses Buch dürfte insbesondere für lauwarme "Taufscheinchristen", welche diffus glauben, dass die Kirchen "so viel Gutes tun", sehr erhellend sein. Es bezieht sich ganz auf die deutschen Verhältnisse; leider gibt es für die Schweiz (noch) kein entsprechendes Buch. Der Einsiedler Abt Martin Werlen hat übrigens in einem Interview festgestellt, dass sich die finanzielle Ausstattung der Schweizer Landeskirchen im Vergleich zur gelebten Gläubigkeit verhält wie ein Rolls-Royce mit einem Mofamotor. Ausserdem ist zu vermuten, dass auch in der Schweiz, so wie in Deutschland nachgewiesen, höchstens 5% der Kirchensteuern wohltätig eingesetzt werden. Es ist also höchste Zeit, auch in der Schweiz Transparenz zu schaffen.

Maja Strasser

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