Freidenker 02/2003.pdf

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(file: @@freidenker-200302.pdf@@)Humanistische Prinzipien breite Kreise, die alle sozialen Konflikte als Auseinandersetzung zwischen Arm und Reich betrachten. Ich habe mich mein Leben lang gegen die ungerechte Verteilung von Gütern und Privilegien aufgelehnt. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und habe meine Ausbildung selber finanzieren müssen. Am 1. Mai habe ich jeweils für soziale Ziele demonstriert. Aber ich denke, es ist ein grosser und verhängnisvoller Fehler, die Tragödie des 11. September 2001 und ähnliche gut organisierte Terroranschläge als den Krieg der Armen gegen die Reichen dieser Welt zu deuten. Natürlich gibt es Elemente einer sozialen Revolte auch in dieser Art von Gewalt, aber das Gleiche liesse sich auch über die Anhänger von Hitler oder Stalin sagen. Der schlimmste Terror in der Geschichte aber hat auf irrationalem Glauben und emotionaler Hingabe an Dogmen basiert – politische, philosophische oder religiöse. Diese Dogmen waren oft miteinander verbunden, wie etwa im Nationalsozialismus. Heute gibt es einen besonderen Grund, sich mit dem Einfluss der Religion auf den Terrorismus zu befassen. Der Hass unter den Anhängern verschiedener Religionen hat immer schon regionale Kriege um Territorien verursacht. Heute aber, unter der zunehmenden Globalisierung, ist die Infrastruktur dieser Religionen nicht mehr regional limitiert. Es gibt mehr christliche Kirchen in Nigeria als in Deutschland, in England steht in jeder Stadt eine Moschee, auch in den Strassen Moskaus singen die KrishnaJünger ihre Botschaft. Überall in der Welt entstehen religiöse Netzwerke, die sich mobilisieren lassen – für Gutes, aber auch für Schlechtes. Die heiligen Kriege unserer Zeit zielen nicht mehr auf die Besetzung des feindlichen Territoriums, sie wollen es zerstören. Osama bin Laden musste nicht in die USA eindringen, sein Netzwerk war schon dort. Er wollte nicht besetzen, sondern das "gottlosen Volk" terrorisieren und die nationalen Symbole der "satanischen" Amerikaner verhöhnen. Die weltweiten Migrationsbewegungen, neue Technologien und Strategien verunmöglichen es, die grossen Metropolen vor destruktiven Aktionen zu schützen. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis London, Tel Aviv oder Delhi von spektakulären Anschlägen betroffen sein werden, vielleicht werden diese noch verheerender sein, als jener von Manhattan. Der deutsche Autor Günther Grass sagte kürzlich in einem Interview mit dem indischen Wochenmagazin Outlook, dass die Gründe für Terroranschläge in der Wut und im Hass der dritten Welt zu finden sind, als Reaktion auf den Reichtum und Wohlstand der ersten Welt. Zweifellos hat die erste Welt ihre ökonomische Überlegenheit auf hässliche Weise demonstriert und damit gewalttätige Reaktionen ausgelöst. Aber wir müssen heute in aller Klarheit feststellen, dass bis jetzt noch keine Fatwa ausgesprochen worden ist gegen Menschen, die reicher sind als andere. Salman Rushdie musste sich nicht während Jahren in London verstecken weil er durch das Bücher schreiben viel Geld verdient hat, sondern weil er über den Propheten und seine Familie geschrieben hat. Taslima Nasrin musste aus Bangladesh fliehen, weil sie Bemerkungen über die Religion gemacht hatte, nicht etwa weil sie reich war. Tausende Pakistaner führen ein Leben im Überfluss, in Frieden und Harmonie mit ihrer ziemlich armen Gesellschaft. Aber ein einfacher lokaler Arzt, Younis Shaik, wurde vom Mob in Islamabad angegriffen, ins Gefängnis gebracht und zum Tode verurteilt – nicht etwa weil er unanstänForts. S. 2 dige Honorare verlangte, FREIDENKER 2/03 In sogenannt politisch korrekten Kreisen ist es nicht korrekt zu sagen, dass die Zunahme des Terrorismus auf Konflikte zwischen Religionen zurückgehe. In diesen Kreisen wird vielleicht zugegeben, dass der Terrorismus zuweilen auf kulturelle Differenzen zurückzuführen ist, aber soweit die Religion Teil dieser Kultur ist, wird immer gleich hinzugefügt, dass es sich um einen Missbrauch der "wirklichen und wahren" Religion handle, um eine Abweichung von der wahren Bedeutung des heiligen Textes. Unter diesen wohlmeinenden Leuten oftmals sind sie unsere besten Freunde – wird es als nicht zulässig betrachtet, Religionen als Grund von schlechtem Verhalten und Gewaltanwendung, als Produkt sozialer Spannungen zu bezeichnen. Zum Teil rührt diese Abwehrhaltung aus der Angst, neue kulturelle Diskriminierung und neuen Hass zu schaffen, oder bestehende Tendenzen zu verstärken. Andererseits gibt es auch THEMEN in diesem FREIDENKER Humanistische Prinzipien 1-3 Irak: Besonnenheit bedeutet Stärke 3 Freidenkerspende 3 Zürcher Kuhhandel 4-5 Welche Zukunft ist möglich? 6-7 Alternative Nobelpreise 2002 7 1 was er nicht tat – nur weil er ein paar Worte über die Religion geäussert hat, die deren Anhängern nicht passten. Vor kurzem war ich in Nigeria. Dort sind 200 Christen und Muslims in gewalttätigen Ausschreitungen ums Leben gekommen, nachdem ein Magazin aus Jux geschrieben hatte, dass der Prophet selbst wohl ein paar der weiblichen Schönheiten der des internationalen Wettbewerbs geehelicht hätte, wäre er noch am Leben. Ähnliches wäre möglich, wenn in Nordirland eine protestantische Zeitung schreiben würde, dass die Jungfrau Maria mit einem hübschen Popsänger ins Bett gegangen wäre, hätte sie nur die Gelegenheit gehabt. Natürlich ist das respektlos – aber in einer zivilisierten Kultur würde das niemals zur Todesstrafe führen. Tatsache ist aber, dass solche Bemerkungen in grossen Teilen dieser Welt gefährlicher sind als die provozierendsten Bemerkungen über Klasse, Chancen und Vermögensverteilung – sie könnten zu Aufruhr und zur Todesfällen führen. Für eine gerechtere Weltordnung Ich will keinesfalls die momentane ökonomische Ordnung der Welt verteidigen. Im Gegenteil. Ich will, dass alle Menschen im Norden und im Süden, im Osten und im Westen sich für radikale Änderungen in der Verteilung der Ressourcen dieser Welt einsetzen. Als Präsident der IHEU war ich glücklich darüber, dass der International Humanist Award letzten Sommer an den indischen Ökonomen und Nobelpreisträger Amartya Sen verliehen worden ist, dessen Theorien über internationale Gleichheit gemäss Einschätzung des UNO-Generalsekretärs Kofi Annan unsere Welt revolutionieren werden. Ich hoffe zutiefst, dass er Recht hat. Aber meiner Ansicht nach wird die religiöse Intoleranz nicht automatisch verschwinden, wenn der Lebensstandard steigt. Säkularismus Religiöse Intoleranz verliert ihre gefährliche Macht nur, wo der Säkularismus sich entwickelt. Auch wenn es eine Korrelation zwischen ökonomischem Wachstum und Säkularismus gibt, diese Entwicklung ist nicht automatisch oder selbstverständlich. Gewisse arabische Länder haben einen sehr hohen Lebensstandard, auch für sogenannt gewöhnliche Leute, gleichzeitig gehört ihr Toleranzlevel zu den tiefsten der Welt, wenn es um Andersgläubige und andere Lebensstile geht. Auch in städtische, offenen Gesellschaften des Westens werden wir jene Individuen und Gruppierungen mit den extremsten Ansichten über die Gesellschaft unter den religiösen Leuten finden. Die Fälle von Tötung von Ärzten, welche Abtreibungen vornehmen, in den USA ist ein Beispiel dafür. Religion und Gewalt Der norwegische Religionswissenschaftler Torkel Brekke warnt in seinem Buch "Religion und Gewalt" vor der Nachsicht der Politiker und Sozialwissenschaftler mit den gewalttätigen Ideen der Weltreligionen. Insbesondere jener, welche als die friedliebendsten betrachtet werden: Hinduismus und Buddhismus. Er zeigt, dass die Heiligen Bücher auch dieser Traditionen Krieger, Waffen und die Vernichtung der Feinde glorifizieren. In der Bibel und im Koran ist keine Strafe zu grausam für jene, welche sich nicht dem einen und einzigen Gott unterwerfen – und zu guter Letzt werden sie in den ewigen Flammen der Hölle verdammt sein. Solange solche Ideen als "heilig" gelten dürfen, solange wird es unter bestimmten Bedingungen keine Grenze für die Brutalität im Namen der Religion geben. Das heisst nicht, dass die meisten Gläubigen brutale Menschen sind. Im Gegenteil. Die meisten Gläubigen sind nette und freundliche Menschen, einige von ihnen gehören zu den besten Menschen, die ich je kennegelernt habe. Aber in der Analyse der sozialen Funktion der Religion werden aufgrund der Generalisierung von subjektiven Erfahrungen vielfach zwei fatale Fehler gemacht: Wer persönlichen Erfahrungen mit netten Gläubigen hat läuft Gefahr, daraus zu schliessen, dass Religion harmlos ist und wer Religion als positiv wahrnimmt, tendiert dazu anzunehmen, dass die Gläubigen nicht schlecht sein können. Was bietet der Humanismus? Der Herausgeber der indischen Zeitschrift "The Secularist", V.K. Sinha, hat vor einem Jahr ein wichtiges Editorial über Terrorismus geschrieben. Er lastet die Verantwortung für den wachsenden internationalen Terrorismus den Religionen an und fragt gleichzeitig die Humanisten: Was kann der Humanismus anbieten und was können Humanisten tun in dieser Krise unserer Zivilisation? Sinha sagt: IHEU-Präsident Levi Fragell "Terrorismus in seiner vielfältigen Form wird weitgehend, wenn nicht total, von der Religion genährt. Sei es der Islam oder der Hinduismus, das Christentum oder der Buddhismus: Terroristen erhalten Unterstützung, Ermutigung und Versprechen von den Fundamentalisten dieser Religionen. Die Frommen und Gemässigten mögen den perversen Missbrauch ihrer Religionen beklagen, aber die Wahrheit ist, dass jede dieser grossen Religionen Gruppierungen hervorgebracht hat, die wenig Rücksicht auf das menschliche Leben und die menschliche Würde nehmen, keine Skrupel haben, Unschuldige zu zerstören – alles im Namen der Religion." Die Herausforderung für die weltweite humanistische Bewegung in dieser bedrohten Lage ist aber ebenso wichtig wie die Klärung der Wurzeln des Übels. Was können Humanisten tun? Prinzipien des Humanismus Sinha schreibt in seinem Editorial: "Heute, vielleicht wie nie zuvor, müssen wir die Prinzipien des Humanismus propagieren und praktizieren: o Das Primat der Vernunft als Instrument der Bewertung von Glaubens inhalten und Bräuchen o Das Prinzip der Toleranz o Das Prinzip des Mitgefühls o Die Menschenrechte o Die Trennung von Politik und Religion." Diese Empfehlungen decken sich mit Forts. S. 3 dem Programm der IHEU. 2 FREIDENKER 2/03 Irak-Krise Besonnenheit bedeutet wirkliche Stärke Offenbar brauchen die Waffeninspekteure im Irak noch Monate um sich einigermassen gesichertes Wissen über das tatsächliche Gefahrenpotenzial des Irak zu verschaffen. Es lohnt sich für die Weltgemeinschaft, diese Geduld aufzubringen: Nur wenn die UNO zeigen kann, dass sie verhängte Auflagen gewissenhaft überprüft, bleibt sie glaubwürdig. Weil diese Auflagen aber schwer überprüfbar sind, muss der Druck auf Sadam Hussein aufrecht erhalten werden. Dass dazu auch das Säbelrasseln von US-Präsident Bush ein Stück weit nützlich ist, müssen wir wahrscheinlich akzeptieren. Angesichts eines Diktators, der sich total verrannt und der schon unendlich viel Blut vergossen hat, wäre es naiv, allein auf Dialog und guten Willen zu setzen. Es stellt sich aber auch die Frage, wie der Säbelrassler zurückgebunden werden kann, ohne dass er sein Gesicht verliert. Auch er agiert nämlich emotional, hat sich auf reine Kriegslogik und eine fast persönliche Feindschaft gegenüber den von ihm definierten Schurkenstaaten eingeschworen. Die Stärke und Legitimation der UNO wird sich dadurch beweisen, dass sie sich nicht provozieren lässt, sondern nach nachvollziehbaren Kriterien vorgeht. Die meisten von uns hätten wohl gerne eine schnelle Lösung. Aber wir müssen einsehen, dass Konfliktlösungen – politische wie private – immer viel Zeit benötigen. Es gibt derzeit keinen Hinweis darauf, dass die Zeit drängt. Militärisches Eingreifen jedenfalls darf für die Weltgemeinschaft nur ultissima ratio sein und ist als Scheitern zu bewerten. Denn nur wer es sich leisten kann zuzuwarten, den Gegner nicht unnötig zu demütigen, nach sachlichen Gesichtspunkten zu urteilen und differenziert zu reagieren, besitzt wirkliche Stärke. BürgerInnen überall auf der Welt gehen deshalb auf die Strasse und protestieren gegen Präventivschläge aller Art: in Bern am 15. Februar 2003. Reta Caspar Fortsetzung von Seite 2 FVS-Spende 2002 Ausbildungsplätze für junge Männer und Frauen Bis zur Delegiertenversammlung 2003 ist das Spendenkonto offen zugunsten des Ausbildungszentrums von Robert Kern in Rio das Ostras (Brasilien) Spendenkonto: 90-197500-0 Kontostand Ende 2002: Fr. 9‘303.- FVS-Spende 2003 Neue Vorschläge für Spendenprojekte gesucht Zuhanden der Delegiertenversammlung 2003 werden wieder neue Projektvorschläge entgegengenommen. Der ZV ist bestrebt, den Delegierten jeweils 2-3 Projekte zur Auswahl zu stellen, darunter mindestens eines aus der Schweiz und eines aus dem Umweltbereich. Die Mitglieder werden aufgerufen, sich aktiv zu beteiligen und Projektvorschläge einzusenden. Vorschläge sind erbeten bis 10. März 2003 an: Sylvia Roehri, Poststr. 125, 8957 Spreitenbach. einer Alternative zu den dogmatischen Religionen. Die grossen Religionen der Welt berufen sich alle auf Offenbarungen, welche für alle Zeit und für alle Menschen gelten sollen. Im Gegensatz dazu erkennt der Humanismus, dass verlässliches Wissen über die Welt und uns selbst nur aus einem ständigen Prozess von Beobachtung, Auswertung und Überprüfung gewonnen werden kann. Humanismus zielt auf maximale Erfüllung des Lebens durch die Pflege eines verantwortungsvollen und kreativen Lebensstils und bietet ethische und rationale Mittel um die Herausforderungen der Zeit zu bewältigen. Humanismus ist eine Lebensweg für jedermann, überall auf dieser Welt." Levi Fragell Rede des IHEU-Präsidenten anlässlich der Einweihung des "Radical Humanist Centre" in Inkolle, Andrha Pradesh, Indien, im Januar 2003. Übersetzung: Reta Caspar Quelle: www. iheu.org Den deutschen Wortlaut der AmsterdamDeklaration finden Sie ebenfalls dort in der Ausgabe 9/02 des FREIDENEKRs. FREIDENKER 2/03 Ich kann keinen anderen Weg aus unserer beängstigenden Realität sehen. Es gibt keine Religion, die nicht belastet ist von einer gewaltsamen und intoleranten Tradition, auch wenn es immer Individuen gab und gibt, mit dem eindrücklichen Willen und der Fähigkeit, selektiv die guten Teile ihrer Doktrin zu praktizieren und ihr Leben lang höchst ehrenhaften Werten nachzuleben. Sie waren und werden aber niemals fähig sein, die schlechten Kräfte zu neutralisieren, welche der dunklen Geschichte der Religion anhaftet, in der das Kämpfen, das Töten, das Rächen und unmenschliche Strafen von Gott sanktionierte Taten waren, sogar auf dessen Geheiss ausgeübt wurden und mit himmlischen Segnungen belohnt. Diese Teile der religiösen Schriften sind ebenso sehr "Wort Gottes" wie die schönen Ideen über Frieden und Liebe. Ehrlich Fundamentalisten haben die gleiche Überzeugung, dass sie die Schriften richtig verstanden haben, wie die liberalsten Theologen. Und ich muss zugeben, dass sie oft ernsthafter und klarer zu sein scheinen, als ihre weniger fundamentalistischen Brüder und Schwestern in der gleichen Kirche, Moschee, dem gleichen Tempel. Erklärung ohne Dogma Als Humanisten hoffen wir, dass die humanen Kräfte in den Religionen gewinnen werden, aber wir zweifeln daran, dass dies bald genug passieren wird um apokalyptische Katastrophen zu verhindern. Wir können keinen anderen Weg aufzeigen als die globale Erneuerung der grundlegenden humanistischen Prinzipien, deren Quelle das menschliche Wesen selbst ist und die deshalb immer wieder mit Blick auf die aktuellen Probleme neu formuliert werden müssen. Die letzte Deklaration dieser Art wurde letzten Sommer in den Niederlanden verabschiedet: Die Amsterdam-Deklaration – nicht in Stein gemeisselt, nur auf Papier geschrieben und hoffentlich in nicht zu ferner Zukunft wiederum durch eine neue, aktuelle Schrift abgelöst. Daraus folgendes Zitat zum Abschluss: "Humanismus ist eine Antwort auf das weitverbreitete Bedürfnis nach 3 Zürcher Kuhhandel Das Parlament des Kantons Zürich hat am 13. Januar über das neue Kirchengesetz debattiert. Nachfolgend drucken wir die Voten von Kantonsrat Andreas Honegger ab, der für Nichteintreten plädiert hat: "Goethe hat einmal sehr schön gesagt 'Über Hoheit und sittliche Kultur des Christentums, wie es in den Evangelien schimmert und leuchtet, wird der menschliche Geist nie hinauskommen'. Tatsächlich waren und sind die Grundgedanken des Christentums revolutionär: verzeihen statt Rache nehmen, den Feind lieben statt ihn zu hassen. Nicht mehr "Auge um Auge", wie die Menschen seit den Neandertalern dachten, - das war und ist grossartig. Aber wir alle wissen, was aus diesen Grundgedanken in der nun 2000jährigen Geschichte des institutionalisierten Christentums geworden ist: Die christliche Beamtenschaft in Kirche und Staat hat eine gewaltige Blutspur durch die Jahrhunderte gezogen: Zwangsbekehrung, Glaubenskriege, Verfolgungen Andersgläubiger, Inquisition, Verbrennungen, Kolonisation in der Form der Mission und Unterdrückung von Freiheit. Kurz: Ausgerechnet die Religion, die auf den Verzicht von Macht setzte, wurde zu einem gewaltigen Instrument der Macht und zur Legitimation von Herrschaft pervertiert. Regierungsrat Notter hatte in den Kommissionssitzungen stets die intellektuelle Redlichkeit, meine Ausführungen mit den Worten zu kommentieren: 'Man kann es so sehen'. Ich sage Ihnen: 'Man muss es so sehen'. In der Renaissance, dann aber vor allem in der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, begannen sich die Leute ihres eigenen Verstandes zu bedienen und kämpften für die Freiheit des Denkens. Da setzte sich dann auch der Gedanke durch, dass der Mensch auch auf Grund einer anderen Religion oder ohne jede Religion ein anständiger Mensch sein kann, der moralisch handeln und ein ethisch verantwortungsvolles Leben führen kann. Viele Christen wollen diese Einsicht bis heute nicht akzeptieren, und sie glauben die christlichen Kirchen hätten eine Art Monopol für die Ethik, nur sie liefer- Trennung von Staat und Kirche ten Staat und Gesellschaft ein moralisches Koordinatensystem. Und sie leiten davon eine Privilegierung, ja eine finanzielle Unterstützungspflicht des Staates für die christlichen Religionen ab. Voltaire, Kant und andere Philosophen lösten ihrerseits eine Revolution des Denkens aus: Fesseln wurden gesprengt. Der Staat löste sich aus der Umklammerung der Kirchen, der Mensch aus der Umklammerung des Staates, liberale Denk- und Staatsformen setzten sich durch. Aber die Freiheit und der laizistische Rechtsstaat sind sehr fragil. Das 20 Jahrhundert war geprägt vom Aufbegehren totalitärer Ideen. Einige in diesem Saal haben noch selbst miterlebt, wie gegen Andersgläubige, Andersdenkende, Andersfühlende mit physischer Vernichtung reagiert wurde. Man kann es nicht so sehen Herr Notter, man muss es so sehen! Immer wieder in der Geschichte wurden die Religionen instrumentalisiert um Macht auszuüben, und um zu legitimieren, dass der christliche Staat seine Hände nach dem Geld der Andersgläubigen ausstreckte. Wo man diese nicht mehr physisch vernichten konnte, trachtete man doch danach, an deren Geld zu kommen. Die Vorlage, die wir heute besprechen, meine Damen und Herren, steht genau in dieser Tradition, nur soll die Vormachtstellung und Privilegierung der christlichen Kirchen durch demokratische und rechtsstaatliche Gesetze verankert und legitimiert werden. In der Form passt man sich der modernen Zeit an, im Inhalt gilt die alte Regel: Es geht ums Geld der Andersgläubigen oder der Nichtgläubigen und die eigene Privilegierung. Man muss es so sehen Herr Notter! Was wir heute hier machen, meine Damen und Herren ist keine Gesetzgebung. Wir sind zusammengekommen, um einen Handel abzusegnen, den unsere christliche Regierung mit den christlichen Kirchen abgeschlossen hat. Unter dem Stichwort "Entflechtung von Kirche und Staat" soll das Zusammengehen nur umso fester zementiert werden. Man hat etwas gelernt aus der Abstim- Andreas Honegger, *1948, Dr. Phil. I, Redaktor NZZ, Zürcher Kantonsrat (FdP) seit 1991 und Mitverfasser der Initiative für die Trennung von Staat und Kirche im Kantons Zürich, die 1995 mit 64,8% der Stimmen verworfen worden ist. mung über die Trennung von Kirche und Staat. – Nicht das, was man vorgibt, nämlich dass man das Verhältnis lokkern will. Nein, man hat gelernt, dass 64 Prozent Christen noch immer einer Minderheit von Anders- oder Nichtgläubigen ihre Gesetze aufzwingen können. Die Geldlieferungen aus allgemeinen Staatsmitteln an die privilegierten Kirchen werden künftig nicht mehr mit den morschen 'Historischen Rechtstiteln' legitimiert. Herr Notter und die Kirchenfürsten dieses Kantons haben richtig erkannt, dass diese bei einer gerichtlichen Beurteilung keine Chancen mehr gehabt hätten. Nun werden die Gelder mit einer ganz anderen Begründung in genau gleicher Höhe als pauschale Kostenbeiträge getätigt. Das ist ein klassischer Kuhhandel, der der Besitzstandwahrung der Kirchen dient. Nachdem sie 1995 den Kampf gegen die Initiative zur Trennung von Kirche und Staat gewonnen hatten, setzten sich die Sieger zusammen, um zu sehen, wie sie diesen Sieg nutzen könnten. Man einigte sich schnell – aufs Maximum! Den Gegnern des Staatskirchentums – immerhin gegen 40 Prozent der Stimmberechtigten – wurde kein einziges Zugeständnis gemacht – im Gegenteil: Die noch immer bestehende Mehrheit von Mitgliedern der christlichen Kirchen in diesem Staat will die Gunst der Stunde nutzen, die Privile- 4 FREIDENKER 2/03 gien und Vorrechte ihrer Religionen so im Gesetz festzuschreiben, dass sie besser gegen Angriffe geschützt sind. Man kann es so sehen Herr Notter, eine Minderheit in diesem Staate muss es so sehen! Statt dass man die sozialen Leistungen der Kirchen, die allen zu gute kommen einfach subventioniert – wogegen wir nie etwas eingewendet haben – , wird die Kirche mit einem Pauschalbeitrag bedient, weil die Kirche es so haben will. Selbst der Anachronismus, dass juristische Personen den christlichen Kirchen Steuern zahlen müssen, wird wieder in der Verfassung verankert. Eine AG von jüdischen oder islamischen Händlern soll noch im 21. Jahrhundert dazu gezwungen werden, an die christlichen Kirchen Steuern zu zahlen! Man kann das demokratisch mit Mehrheit beschliessen, aber nie moralisch entschuldigen: Da wird an Diskriminierungsmechanismen unseligsten Angedenkens weitergestrickt! Man muss es leider so sehen Herr Notter! Um das hässliche Bild der Privilegierung der eigenen Religion etwas mit Makeup zu beschönigen, legt der Regierungsrat auch ein Gesetz vor, das es erlauben soll, auch anderen Religionen das Privileg staatlicher Anerkennung und den Zugang zu staatlichen Mitteln zu ermöglichen. Aber dieses Gesetz bringt nicht mehr Gleichheit sondern nur mehr Ungleichheit. Wie im Verlauf der Kommissionsberatungen klar geworden ist, könnten von diesem Weg sicher nur ein Teil der jüdischen Gemeinden und kleinste Gruppen von evangelischen Freikirchen profitieren, vielleicht 2 bis 3000 Leute. Weit weniger als die etwa 6000 Mitglieder, die die anerkannten Kirchen jährlich durch Austritt verlieren. In dem Jahr, in dem ein Annerkennungsgesetz wirksam würde, wäre am Ende dennoch die Zahl der Nicht-Privilegierten weiter angewachsen. Damit entlarvt sich das Anerkennungsgesetz als das was es ist, ein Alibi, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Das Anerkennungsgesetz ist ohnehin eine Fehlkonstruktion: Würde die Zahl der Privilegierten erhöht, so ist das für die, die keine Chance haben und draussen bleiben müssen, viel schlimmer. Sollte das Gesetz funktionieren – was es ja wie gesagt nicht tut – würden die Ausgeschlossenen noch mehr marginalisiert. Eine Tatsache, die die Christen, als sie vor 2000 Jahren selbst noch eine Minderheit waren, sehr wohl verstanden hätten. Wir leben in einer Zeit, in der weltweit die Tendenz wieder steigt, Religionen zu verabsolutieren und deren Maximen zum allgemeingültigen Massstab für gesellschaftliches, staatliches und rechtliches Handeln zu erheben. Da droht ein fataler Rückfall ins Mittelalter. Und das bei Muslimen in Nigeria, bei orthodoxen Juden in Israel, bei hinduistischen Politikern in Gujarat, und christliche Gesellschaften auf dem Balkan haben versucht ihr Land "ethnisch zu säubern", indem sie andersgläubige Landsleute einfach ermordeten. Leider liessen sich die Beispiele fast beliebig mehren. Was aber kann ein Staat tun, um dieser Gefahr zu begegnen? Nur eines: Er hat sich streng laizistisch zu verhalten und sich so zu organisieren, dass der Staat in keiner Weise je zum Vehikel werden kann, um einzelne Religionen zu privilegieren und zu verabsolutieren. Der Staat hat sich völlig neutral zu verhalten gegenüber allen Religionen und Weltanschauungen. Er hat nur dafür zu sorgen, dass alle die gleichen Bedingungen vorfinden. Nur so lässt sich religiösem Totalitarismus vorbeugen. Nur so lässt sich die Religionsfreiheit und die Freiheit überhaupt bewahren. In dieser Sache sollten wir in der Schweiz und in Zürich ein Beispiel sein. Sind wir es? Im Gegenteil: Wir wollen nun gerade wieder ein Gesetz erlassen, dass die einen privilegiert, die anderen diskriminiert. Ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Wir geben das falsche, das schlechte Beispiel mit dem de-facto Festhalten am Staatskirchentum. Man muss es so sehen Herr Notter! Auch aus diesem Grund bitte ich Sie, nicht auf dieses Gesetz einzutreten. Beim bisherigen Gesetz kann man sich wenigstens noch darauf hinausreden, dass es sich um ein veraltetes Relikt aus dem 19. Jahrhundert handelt. Übernehmen wir aber dessen Grundsätze jetzt im 21. Jahrhundert, so trifft uns auch die Verantwortung voll. Und: wir geben der Welt ein miserables Beispiel. Die Mehrheitsreligionen mögen noch einmal die Macht haben, ein Gesetz zu ihrer Privilegierung durchzusetzen, aber sie werden sich nicht lange darüber freuen können: Wenn ihnen weiterhin jährlich ein paar Tausend Mitglieder davonlaufen, ist der Zeitpunkt nahe, indem sie die Mehrheit verlieren. Mit einem freiwilligen Verzicht auf ihre Privilegien könnten sie wohl eher wieder mehr aktive Mitglieder gewinnen. Um an den Anfang meiner Ausführungen zurückzukommen: Es ist für mich je länger je mehr völlig unverständlich, wieso ausgerechnet die Christen sich für ein System der Diskriminierung und der Ungleichbehandlung einsetzen. Ein Egoismus, der so völlig im Widerspruch steht zu den Prinzipien der Evangelien." Aus dem zweiten Votum: "Abschliessend muss festgehalten werden, dass diese Gesetzgebung die Situation der rund 40 Prozent der Menschen in diesem Staate, die mit der bisherigen Regelung nicht einverstanden sind, massiv verschlechtert, und nicht, wie die Befürworter behaupten, verbessert. Das Gerede von der Partnerschaft ist unlauter, Zürich bleibt mit diesem Gesetz mehr den je beim Staatskirchentum: o Der Staat wird weiterhin selektiv einzelne Religionen anerkennen und privilegieren. o Der Staat wird einzelnen Religio nen das Recht geben, Steuern einzuziehen, andern nicht. o Der Staat wird weiterhin juristische Personen mit Kultussteuern belegen. o Der Staat geht weiterhin von der automatischen Mitgliedschaftsvermutung aus und liefert den aner kannten Kirchen die Personalien bei Ortswechseln und die Personalien von Kindern. Mit Beton und Armierung sollen hier Privilegien verteidigt werden. Das Staatskirchentum soll in alter Macht und Pracht erhalten bleiben." Andreas Honegger Eintreten wurde schliesslich mit 126 zu 25 Stimmen beschlossen. In der anschliessenden Detailberatung wurde mit 86 zu 68 Stimmen die kirchliche Stimm- und Wahlrechtsautonomie gutgeheissen. Die Debatte wird am 27. Februar weitergeführt. Lesen Sie das Ergebnis im nächsten Freidenker. rc FREIDENKER 2/03 5 Welche Zukunft ist möglich? "Eine Mischung aus Hysterie, Pessimismus, Krisen-Demagogie und Katastrophismus ist über uns hereingebrochen. In Talkshows, in Zeitungskommentaren, an Stammtischen, selbst auf Wirtschaftskongressen kreisen die Gespräche nur noch um monströse Behauptungen. (...) Niedergang, Untergang, Desaster, Lüge, Betrug – die öffentliche Rhetorik kennt keine Hemmschwellen mehr. Dieser lüstern-angstgeile Pessimismus droht, das erst zu erzeugen, wovor er zu warnen scheint. Er macht einen rationalen Diskurs um die Gestaltung der Zukunftsgesellschaft zunehmend unmöglich. Im Sumpf aus Miesmacherei drohen konstruktive Ideen und kreative Ansätze inzwischen vollständig unterzugehen." Mit diesen Worten beginnt ein Manifest des deutschen Zukunftsforschers Matthias Horx. Er prangert die Massenmedien an, die unter dem Druck von Quoten und Auflagenstärke immer öfter die Skandalkeule schwingen: "Durch bewusste oder unbewusste Reduzierung der Komplexität auf Schwarzweiss-Formeln, Klischees und Personalien tragen sie zum Autismus der öffentlichen Meinung bei. Sie eskalieren Konflikte und spielen zynisch mit den Empfindlichkeiten der Bürger. Sie bilden ein opportunistisches System, bei dem jeder von jedem abschreibt und ständig 'Es wird immer schlimmer!' schreit." Weil daneben auch die Parteien immer ideologisierter argumentierten und mit Worthülsen popularisierten, würden sich die BürgerInnen allmählich von den Problemen der Gesellschaft abwenden. Weltgefahr Terrorismus? Als "einzige wirklich gefährliche Waffe der Terroristen in ihrem 'Weltkrieg'" bezeichnet er die öffentliche Hysterie, die zur Lähmung der Wirtschaft führen könne. Der deutsche RAF-Terrors und aktuell Al Qaeda belegen nach Horx, dass "selbstmordbereite Radikalisierung erst dann einsetzt, wenn totalitäre Ideen einen Niedergang erleben und die Machtergreifung keine Perspektive mehr ist". " Die Al Qaeda von Osama bin Laden ist eine Terroristengruppe, wie sie die Geschichte schon öfters hervorgebracht hat. Sie ist gefährlich – aber desperat, sie kann sich kaum noch bewegen und kommunizieren. Die angekündigten grossen Attentate werden zum grössten Teil nicht funktionieren. Die, die gelingen, werden wir aushalten müssen. Gewonnen hat und gewinnen werden die Werte der Demokratie und der offenen Gesellschaft." Arbeit in der globalisierten Welt Nach Horx steht unsere Gesellschaft im Übergang zu "Ökonomien des Wissens". Darin würden neue Berufe entstehen, in denen es um Ideen statt um Produkte gehen werde. Weil diese neue Arbeit kreativer und befriedigender als die alte, wiederholende und die Menschen auslaugende Arbeit des Industriesystems sei, müssten alle bestehenden bürokratischen Reglementierungen fallen. Renten- und Gesundheitssysteme Als Beispiel für eine gelungene Reform weist Horx hier u.a. auf die Schweiz hin. "Auch eine ältere Gesellschaft kann Generationengerechtigkeit garantieren, wenn sie sich von alten institutionellen Verkrustungen befreit. Selbst ein teures und leistungsfähiges Gesundheitssystem lässt sich in Richtung auf Vorsorge-Logik und intelligentes Ge-sundheitsmanagement umbauen". Worin genau hier die Schweiz vorbildlich sein soll, ist dem Text allerdings nicht zu entnehmen. "Wirtschaftskrise" ? Bei der gegenwärtigen Rezession handelt es sich gemäss Horx um eine zyklische Wachstumsschwäche, wie sie mindestens einmal im Jahrzehnt vorkomme – und vorkommen müsse, damit die "faulen Konzepte" von den zukunftssicheren getrennt würden. Die globalisierte Gesellschaft werde in vieler Hinsicht "riskanter" als die alte, nationale Industriegesellschaft. Sie könne aber auch vitaler und "energetischer", vielfältiger und gerechter sein. Migration als Chance Die Migration bringe neue Menschen und mit ihnen neue Fähigkeiten und Talente, die uns bereichern können. Bedingung für das Gelingen sei das Beharren auf den Grundregeln der Toleranz und ein entschlossenes Auftreten gegen jeden Versuch, Feindbilder und Sündenböcke zu konstruieren. Die nachindustrielle Gesellschaft Laut Horx steht die Verlagerung der Schwerpunkte gesellschaftlicher Orga- Zukunftsforschung Der 1955 geborene Zukunftsforscher Matthias Horx studierte Soziologie in Frankfurt am Main und arbeitete als Autor und Redakteur bei TEMPO, ZEIT und MERIAN zu Tthemen wie Science Fiction, Wertewandel, Jugendkulturen, neuen Technologien. Seine essayistischen Bücher, z.B. "Die Wilden 80er" und "Aufstand im Schlaraffenland" kommentieren den Wertewandel und Lebensgefühl der 80er Jahre. 1993 ist Horx Mitbegründer des "Trendbüro Hamburg" mit Schwerpunkt in der Marketing-Beratung von Kunden wie Phillip Morris, Unilever, Beiersdorf. 1996 verliess Horx das Trendbüro und gründet das Zukunftsinstitut. Schwerpunkt wird dieGrundlagenforschung und strategische Unternehmensberatung. Hauptsitz ist Frankfurt, Zweigstellen gibt es in Wien, München, Hamburg und London. Matthias Horx lebt in München. nisation bevor: "Von Massen-Organisationen auf das Individuum, von nationalstaatlichen auf supranationale Systeme, von gesicherten Märkten auf das neue globale Kräftespiel." Im Vergleich zum letzten epochalen Übergang – dem von der agrarischfeudalen Kultur in die Industriegesellschaft – werde dieser ohne grössere Opfer möglich sein. Kultur der Anerkennung Für diesen Prozess sei eine neue "Kultur der Anerkennung" nötig, die die Lernfähigkeit des Einzelnen und die Wandlungsfähigkeit des Individuums ins Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses stellt. Skeptischer Optimismus Horx plädiert für einen aufgeklärten, skeptischen Optimismus, der eine nüchterne, aber auch zukunfts-offene Haltung zu den derzeitigen Probleme ein- 6 FREIDENKER 2/03 Alternative Nobelpreise 2002 Die Verleihung der Preise "für beispielhafte praktische Lösungsvorschläge aktueller Probleme" erfolgte am 9. Dezember in Stockholm. Die 1993 gegründete schwedische Stiftung "Kvinna till Kvinna" erhielt die Auszeichnung "für ihren bemerkenswerten Erfolg mit dem die Organisation die Wunden von ethnischem Hass und Krieg heilt, indem sie Frauen, die oftmals die ersten Opfer sind, hilft, die wichtigsten Vermittler in der Versöhnung und dem Friedensprozess zu sein". Weiterer Preisträger war das 1991 gegründete Jugendzentrum "Centre Jeunes Kamenge" in Burundi für den beispiellosen und unbezwingbaren Mut und das Mitgefühl, mit dem bestätigt wurde, das selbst nach neun Jahren Bürgerkrieg junge Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammenleben und eine gemeinsame Zukunft in Frieden und Harmonie aufbauen können". Der 1937 in Paraguay geborene Martin Almada erhielt den Preis "für seinen ausserordentlichen Mut und seine anhaltenden Bemühungen im Kampf um Demokratie und Menschenrechte soFortsetzung von Seite 6 Delegiertenversammlung Sonntag, 4. Mai 2003 Salle "Ellenberger" im Bâtiment CENTRE POSTAL in den Sektionen Basel - Union Jeden letzten Freitag im Monat ab 19 Uhr: Freie Zusammenkunft im Restaurant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat: Vorstandssitzung um 19 Uhr Bern Dienstag, 7. Februar ab 19 Uhr Freie Zusammenkunft Kontakte pflegen bei einem Kaffee oder Glas Wein. Samstag 15. Februar Freidenker-Z'Mittag chez Rosette Köstlichkeiten aus dem Fernen Osten! Apéro ab 11.30 Uhr Fr. 18.-/Person inkl. Getränke. Anmeldung bis spätestens Dienstag 11. Februar unter Tel. 031 372 56 03 Beide Anlässe finden im Freidenkerhaus, Weissensteinstr. 49B, statt. Schaffhausen Jeden 3. Donnerstag im Monat 20 Uhr, Freie Zusammenkunft im Rest. "Falken", Schaffhausen Winterthur Mittwoch, 5. Februar 19.30 Uhr Mittwochstamm im "Hilfdi-Club", Technikumstrasse 90 Voranzeige Genf Reservieren Sie sich dieses Datum. Nebst den Delegierten sind auch Gäste jedes Jahr willkommen. Anträge an die DV 2003 bitte bis spätestens 8. März 2003 an das FVS-Zentralsekretariat. wie eine nachhaltige Entwicklung in seinem Heimatland". Almada, selbst einst inhaftiert und gefoltert, versuchte immer wieder, die Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Den wichtigsten Durchbruch erzielte Almada Anfang der 90er Jahre. Er entdeckte geheime Aufzeichnungen der Polizei zu Folterungen und Inhaftierungen. Diese "Archive des Terrors" entpuppten sich als entscheidende Beweise für die staatliche Willkür. Der 54jährige Photovoltaikprofessor Martin Green von der Universität von New South Wales in Sydney wurde ausgezeichnet für seinen Erfolg in zukunftsweisender Forschung. Er machte Solarzellen 30 Prozent leistungsfähiger und 20 Prozent preiswerter. Die Preisträger teilen sich umgerechnet 200'000 Euro. nimmt. Er wendet sich gegen die "negative Blindheit", die alle Phänomene nur als Bedrohung, Verlust und Niedergang wahrnehmen kann. Er fordert Medien, Politiker und Meinungsbildner auf, sich der Hysterie-Mode zu verweigern, auf Chancen zu setzen statt Bedrohungen zu multiplizieren. Horx's Thesen skeptisch betrachtet Wenn man Horx's Thesen mit der von ihm verordneten Skepsis betrachtet, fällt auf, dass sie durchwegs aus der Perspektive Europas formuliert sind. Seine Beschreibung der derzeit ablaufenden Transformation unserer Gesellschaft erinnert an einen natürlichen Ablauf, an eine Meereswelle, der nichts entgegenzusetzen ist, sondern auf der man nur mehr oder weniger gut schwimmen kann. Nicht thematisiert wird das Verhältnis von Ökonomie und Politik, die Frage der tatsächlichen Macht- (und Definitionsmacht-) verhältnisse. Horx ruft seine Kunden zum Gestalten der Zukunft auf – wahrscheinlich primär diejenigen grosse Unternehmen, die er mental fit machen soll für den gesellschaftlichen Wandel. Kein Hinweis aber auf die Frage nach der Geschwindigkeit dieses Transformationsprozesses, von dem sich vor allem weniger gut ausgebildete Menschen schlicht überrollt fühlen müssen. Kein Wort auch zu Fragen der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Es scheint, fast, dass nach Horx auch die Konzepte der "grünen" Vordenker-Innen zum Thema "Energieeffizienz" überholt sind und nun ebenfalls den neo-neoliberalen Bach hinunter sollen, ohne jemals wirklich diskutiert worden zu sein. Trotz erheblicher Vorbehalte, Horx's Thesen sind dem derzeitigen Jammern und Herunterbeten der Apokalypse – bei gleichzeitigem Versuch die alten Pfründe zu sichern – allemal vorzuziehen. Reta Caspar Quelle: www.zukunftsinstitut.de Mittwoch, 5. März 19.30 Uhr Diskussions-Forum: Neues Bodenrecht Zürich Dienstag, 11. Februar 14.30 Uhr Freie Zusammenkunft Thema: Angst – eine Volkskrankheit? Referent: Werner Strebel, Diskussion Restaurant "Schweighof" neu: jeweils am letzten Samstag des Monats Samstag, 22. Februar 10 Uhr Samstag-Stamm Restaurant "Schweighof" Schweighofstr. 232, 8045 Zürich WUF-Kongress zu Thema "Irrationalismus und Fundamentalismus – Bedrohung von Frieden, Demokratie und Laizität" 15./16. März 2003 in Prag Anmeldungen bitte direkt an Jean Kaech, Tel. 031 372 56 03 FREIDENKER 2/03 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union Trauer Feiern Basel (Vereinigung) 061 401 35 19 oder 061 321 31 48 Basel (Union) 061 321 39 30 oder 061 601 03 23 Bern 034 402 45 27 oder 031 372 56 03 Grenchen 076 53 99 301 oder 032 645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041 420 45 60 oder 041 440 76 36 Schaffhausen 052 337 22 66 St. Gallen 052 337 22 66 Vaud Waadt 026 660 46 78 ou 022 361 37 12 Winterthur und Thurgau 052 337 22 66 Zürich Natel 079 646 20 64 Falls unter der regionalen Num-mer niemand zu erreichen ist: Zentralsekretariat FVS 032 641 26 24 oder 052 337 22 66 Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Basel und Umgebung Postfach 302, 4012 Basel *auch Fax Präsidentin: Y. Andrek 061 401 35 19* Vizepräsidentin: B. Bisig 061 321 31 48* Kassier: R. Wenger Tel. 061 692 86 27 Fax 061 692 86 28 Mitgliederdienst: R. Frey 061 421 12 80 Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: G. Rudolf 061 601 03 43 Infos: 061 321 39 30, 061 601 03 23 Mitgliederdienst: 061 321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 FVS-Ortsgruppe Bern Postfach 554, 3550 Langnau Präsident: D. Aellig 034 402 45 27 Mitgliederdienst: J. Kaech 031 372 56 03 Libre Pensée de Genève 27 ch. des quoattes, 1285 Avusy Président: J.P. Bouquet 022 756 40 49 tél. et fax Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Auskünfte: Peter Hess, Präsident 032 645 38 48 oder 076 376 38 48 Mitgliederdienst/Krankenbesuche: Lotti Höneisen 076 53 99 301 Sektion Luzern-Innerschweiz Postfach 2908, 6002 Luzern Präsident: E. Ochsner 041 440 76 36 FVS Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: W. Zollinger 062 293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen Präsident: M. Bollinger 052 685 13 62 FVS-Regionalgruppe St. Gallen Haldenweg 37, 9100 Herisau Präsidentin: S. Breitler 071 351 29 81 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Président: J.P Ravay 022 361 94 00 Secrétariat: 026 660 46 78 Winterthurer Freidenker Postfach 1806, 8401 Winterthur Präsident: J.L. Caspar 052 337 22 66 Sekretariat: D. Dünki 052 222 98 94 FVS-Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident: W. Strebel 055 414 23 63 Natel 079 646 20 64 Mitgliederdienst: M. Dobler 01 341 38 57 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: 01 251 80 66 FVS Zentralsekretariat Zentralkasse Mitglieder melden ihre Adressänderungen bitte an die Sektionen. 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