Freidenker 10/2003.pdf

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(file: @@freidenker-200310.pdf@@)Humanistisches Manifest IIITM Humanismus ist eine Haltung, die uns ermutigt, unser Leben zu leben und zu geniessen – geleitet durch die Vernunft, inspiriert durch das Mitgefühl und gestützt durch die Erfahrung. Diese Haltung hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte entwickelt und entwickelt sich immer weiter dank der Anstrengung von nachdenklichen Menschen, die erkennen, dass Werte und Ideale, so sorgfältig sie auch formuliert werden, einem steten Wandel unterworfen sind, so wie auch unser Wissen und Verstehen fortschreitet. Dieses Dokument bildet einen Schritt in unseren Bemühungen, klare und positive Worte zu finden für den konzeptionellen Rahmen dessen, was wir Humanismus nennen – nicht ein Glaubensbekenntnis, das wir befolgen müssen, sondern ein Konsens über das, was wir heute unter Humanismus verstehen: Das Wissen über die Welt wird aus Beobachtung, aus Experimenten und der rationalen Analyse gewonnen. Humanisten halten die Wissenschaft für die beste Methode Wissen zu erlangen, Probleme zu lösen und nutzbringende Technologien zu entwickeln. Wir anerkennen auch den Wert von neuen Ansätzen im Denken, in der Kunst und der inneren Erfahrungswelt – unterstellen diese allerdings ebenfalls der Analyse durch den kritischen Intellekt. Die Menschen sind ein integraler Teil der Natur, das Ergebnis eines zweckfreien evolutionären Wandels. Humanisten anerkennen die Natur als selbst-existent. Wir akzeptieren unser Leben als alles und genug und unterscheiden zwischen dem was ist und dem, was wir uns wünschen oder vorstellen. Wir stellen uns den Herausforderungen der Zukunft und bejahen das noch Unbekannte was kommen wird. Ethische Werte werden aus den menschlichen Bedürfnissen abgeleitet und in der Erfahrung erprobt. Humanistischen gründen ihre Werte im menschlichen Wohlbefinden, das sich aus den Lebensumständen, aus verschiedenen Interessen und Sorgen ergibt und sich auf das globale Ökosystem und darüber hinaus ausdehnt. Wir bemühen uns, jede Person als Trägerin von angeborenem Wert und angeborener Würde zu behandeln und unsere Entscheidungen in Freiheit und Verantwortung zu treffen. Die Erfüllung des Lebens basiert auf der individuellen Teilnahme an den menschlichen Idealen. Wir streben nach grösstmöglicher individueller Entwicklung und beleben unser Leben mit einem tiefen Sinn, indem wir die Freuden und Schönheiten des Lebens bewundern, seine Herausforderungen und Tragödien und schliesslich auch die Unumgänglichkeit des Todes akzeptieren. Humanisten stellen ab auf das reiche Erbe der menschlichen Kultur und auf die Weltanschauung des Humanismus, um in Zeiten der Not Geborgenheit und in guten Zeiten Ermutigung zu finden. Menschen sind von Natur aus sozial und finden Halt in persönlichen Beziehungen. Humanisten streben nach einer Gesellschaft, in der Interesse am Nächsten und gegenseitige Unterstützung praktiziert wird, in der die Grausamkeit mit all ihren Folgen bekämpft wird, in der Differenzen kooperativ ausgetragen werden und nicht in Gewalt münden. Die Verbindung von Individualität und Gegenseitigkeit bereichert unser Leben und befähigt uns, das Leben anderer MenForts. S. 2 schen zu bereichern. FREIDENKER 10/03 70 Jahre nach ihrem ersten Humanistischen Manifest und 30 Jahre nach dem zweiten, haben die amerikanischen Humanisten (American Humanist Association) im Frühjahr dieses Jahres ihr drittes Manifest verabschiedet. Es soll – wie schon seine Vorgänger – nicht etwa ein verbindliches Glaubensbekenntnis für FreidenkerInnen sein, kein Katechismus oder Dekalog also, sondern ein aktueller Positionsbezug und Spiegel, der nichts für die Zukunft festschreibt, sondern weiterentwickelt und vertieft werden soll. Die Redaktion stellt das Manifest hiermit zur Diskussion: "Humanismus ist eine progressive Philosophie des Lebens, welche ohne den Verweis auf Übernatürliches unsere Fähigkeit und Verantwortung bekräftigt, in persönlicher Erfüllung ein ethisches Leben zu führen, das zum Wohl der Menschheit beiträgt. THEMEN in diesem FREIDENKER Humanistisches Manifest III 1-2 Freidenker-Umschau 2 Menschenrechte in islamischen Staaten 3-5 Forum 6-7 Ethikkrise in der Wirtschaft? 7 1 Fortsetzung von Seite 1 Diese Haltung inspiriert die Hoffnung auf Frieden, Gerechtigkeit und Chancengleichheit für alle Menschen. Tätig sein mit Blick auf das Wohl der Gesellschaft maximiert auch das individuelle Glück. Progressive Kulturen haben sich bemüht, die Menschheit von der Brutalität des reinen Überlebens zu befreien, das Leiden der Menschen zu lindern , die Gesellschaft zu verbessern und eine Weltgemeinschaft zu entwikkeln. Wir versuchen die Ungleichheiten von Lebensumständen und Fähigkeiten zu minimieren, wir unterstützen eine gerechte Verteilung der natürlichen Ressourcen und der Früchte menschlicher Errungenschaften, so dass möglichst viele Menschen ein gutes Leben geniessen können. Humanisten interessieren sich für das Wohlergehen aller, bejahen die Vielfalt der Menschen und respektieren andere humane Ansichten. Wir setzen uns ein für die Durchsetzung der Menschenrechte und die Aufrechterhaltung der Bürgerrechte in einer offenen, säkularen Gesellschaft. Wir halten fest, dass es Bürgerpflicht ist, sich an den demokratischen Prozessen zu beteiligen, und eine planetarische Pflicht, die Integrität, Vielfalt und Schönheit der Natur so zu schützen, dass sie als Lebensgrundlage erhalten bleibt. Aktiv im Fluss des Lebens streben wir dieser Vision nach in der Überzeugung, dass die Menschheit die Fähigkeit hat, sich auf ihre höchsten Idealen hin zu entwickeln. Die Verantwortung für unser Leben und für die Welt, in der wir leben, liegt bei uns – nur bei uns." American Humanist Association, 2003 Quelle: The Humanist, May/June 2003 Übersetzung: Reta Caspar Freidenker-Umschau Schadensersatz für Exodus Nabil Hilmi, der Dekan der Rechtsfakultät in Al-Zaqaziq, will zusammen mit einer Gruppe von Ägyptern aus der Schweiz vor Gericht. Angeklagt werden soll die gesamte Judenheit. Streitgegenstand sind 300 Tonnen Gold, dazu SilMoses am Roten Meer ber, Juwelen und Kochutensilien - inklusive Zinsen. So hoch soll der finanzielle Schaden durch den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten gewesen sein. Der Tathergang steht in der Heiligen Schrift, im zweiten Buch Mose: "Und die Israeliten hatten getan, wie Mose gesagt hatte, und hatten sich von den Ägyptern silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider geben lassen. Dazu hatte der HERR dem Volk Gunst verschafft bei den Ägyptern, dass sie ihnen willfährig waren, und so nahmen sie es von den Ägyptern zur Beute. Also zogen die Israeliten aus von Ramses nach Sukkot, sechshunderttausend Mann zu Fuss ohne die Frauen und Kinder. Und es zog auch mit ihnen viel fremdes Volk, dazu Schafe und Rinder, sehr viel Vieh." (2. Mose, 12, 35-38) Aufgrund dieser Angaben konnte der Rechtswissenschaftler Hilmi eine genaue Schadensaufstellung machen. Aus einer Tonne Gold werde im Verlauf eines Jahrtausends bei einer Verzinsung von 5 Prozent etwas über eine Billion Tonnen Gold. Nach jüdischer Zeitrechnung ist der Exodus 5758 Jahre her, der vermeintliche Streitwert dürfte demnach nur noch in astronomischen Dimensionen zu messen sein. Hilmi wäre bereit über eine Ratenzahlung zu verhandeln. 1000 Jahre scheinen ihm eine angemessene Zahlungsfrist. Zweifellos ist die Bibel ein nur schwer widerlegbarer Zeuge. Wegen eines Rechtsstreits könnten gläubige Juden wohl kaum den Wahrheitsgehalt ihrer eigenen Heiligen Schrift in Zweifel ziehen. In Israel umgekehrt könnte man sich ebenfalls auf die Möglichkeiten besinnen, die eine gerichtliche Ver- Der Todesengel von Kalkutta Am 19. Oktober 2003 soll in Rom die offizielle Seligsprechung von Mutter Teresa stattfinden. Manche rechnen gar mit der gleichzeitigen Heiligsprechung. Schon zu Lebzeiten umgab die Ordensgründerin ein Mythos, der die höchst wi- Mutter Teresa bei Papst dersprüchliche Paul II kurz vor ihrem Tod Wirklichkeit kaschierte. Die neu eröffnete Internet-Seite www.mutter-teresa.info dokumentiert die von verschiedenen Seiten bezeugten Schattenseiten der Ordensgründerin: So hielt die Freundin von Diktator "Baby Doc" Duvalier die Demokratie für "Teufelswerk", zweifellos in der Annahme, dass das "Gute stets von oben kommt". Die millionenfach eingesammelten Spendengelder setzte sie nicht dazu ein, um die Not vor Ort (beispielsweise in Kalkutta) zu lindern, sondern hortete sie auf Konten des Vatikans. Ihr Leben lang verachtete sie das Diesseits so sehr, dass sie ihren Kranken in Kalkutta keine schmerzlindernden Tabletten geben liess, da die Kranken in ihrem Leid und ihrem Schmerz dem Herrn Jesu Christi so viel näher seien. Statt irdischer Hilfe bekehrte sie Tausende von Menschen, die Zuflucht bei ihr suchten, zum Christentum (zweifellos in dem Glauben, sie dadurch vor dem Höllenfeuer zu retten). Kein Wunder, dass viele Slumbewohner grosse Angst hatten, dem "Todesengel von Kalkutta" jemals zu begegnen ... Quelle: www. Humanist.de pointiert In seinen Vorlesungen über die Probleme der Moralphilosophie aus dem Sommersemester 1963 hat Adorno erzählt, dass ihn die Gründer einer "Humanistischen Union" um seinen Beitritt gebeten hätten und er darauf geantwortet habe: "Ich würde, wenn Ihr Club eine inhumane Union hiesse, vielleicht bereit sein einzutreten". Th. W. Adorno Philosoph, Musikwissenschaftler 1903-1969 Zwangsarbeit in Ägypten wertung Heiligen Schriften bietet. Zu denken ist etwa an die Gegenrechnung für 430 Jahre Zwangsarbeit – samt Zins und Zinseszins. The Middle East Media Research Institute, 22. August 2003 www. memri.org 2 FREIDENKER 10/03 Menschenrechte in islamischen Staaten Die Generalversammlung der IHEU hat am 13. Mai 2003 in Washington beschlossen, eine internationale Kampagne zur Verteidigung der Menschenrechte in islamischen Staaten zu unterstützen. Die Kampagne wurde von verschiedenen Menschen- und Frauenrechtsorganisationen angeregt. Ziel der Kampagne ist es, das Bewusstsein für die Universalität der Menschenrechte für Muslime und Nichtmuslime in der islamischen Welt zu fördern. Die Kampagne soll primär auf dem Internet lanciert werden und in 13 Sprachen Informationen anbieten über die Entstehung der Scharia*, über ihre Praxis und ihre fehlende Eignung als gerechtes und rechtsgleiches Rechtssystem. Die Kampagne wird von den gemässigten Muslimen als Unterstützung in ihrem Kampf gegen die zunehmende Gewalttätigkeit und Intoleranz des politischen Islam begrüsst. Der Islam ist eine umfassende Religion, welche die totale Unterwerfung unter den Willen Gottes verlangt. Die Scharia schreibt jeden Aspekt des Verhaltens im privaten wie im öffentlichen Leben vor. Dem Individuum verbleibt praktisch kein Entscheidungs- oder Handlungsspielraum mehr. Muslime glauben, dass die wesentlichen Elemente der Scharia Mohammed von Gott offenbart worden sind. Obwohl es heute fünf eigentliche Schulen gibt, vier sunnitische* und eine schiitische*, sind sie sich ähnlich genug, dass man vereinfachen von "der Scharia" sprechen kann. Der Islam behauptet, im vollen Licht der Geschichte gegründet worden zu sein, d.h. es gebe eine lückenlose Kette von Schriftstücken, die bis zu Mohammed reiche. Mit diesem Argument wehren sich Fundamentalisten bisher erfolgreich gegen jegliche Neuinterpretation des Korans* und der Hadithen*, auf denen die Scharia basiert. Weil die heiligen Bücher der letzte Ausdruck von Gottes Willen sind, gilt das Infragestellen dieses Anspruchs in jedem islamischen Staat als Gotteslästerung und wird in manchen mit dem Tod bestraft. Modernisierungsprozess ist nötig Obwohl es heute christliche und jüdi* siehe Glossar Seite 4 sche Gruppierungen gibt, welche die Bibel buchstabentreu befolgen wollen, hat die Mehrheit der Christen und der Juden einen Modernisierungsprozess durchlaufen. Es gibt heute mehr säkulare Juden als Fundamentalisten und die grosse Mehrheit der Christen leben heute zufrieden mit der Trennung von Staat und Kirche und nur eine kleine Minderheit möchte zu einer theokratischen Regierung zurückkehren. Im Islam wird der Staat als ein menschliches Konstrukt betrachtet, welches nur legitimiert ist, wenn seine Strukturen und Gesetze dem höherrangigen Gesetz des Islams entsprechen. Das westliche Konzept der Trennung von Staat und Kirche ist deshalb heute in einer islamischen Gesellschaft noch undenkbar. Aber auch das Christentum hat die theokratische Kontrolle der Gesellschaft seinerzeit nicht kampflos aufgegeben. Noch vor dreihundert Jahren wurden in Europa Ketzer auf dem Scheiterhaufen der Kirchen verbrannt – die Entflechtung von Staat und Kirche kam langsam voran und bis heute noch im Gange. Trennung von Staat und Kirche Drei Faktoren haben in diesem Prozess eine Rolle gespielt. Einmal unterscheidet das neue Testament selbst zwischen der Pflicht gegenüber Gott und jener gegenüber dem Staat. Zum zweiten hat die wissenschaftliche Revolution im Anschluss an die Renaissance seit dem 15. Jahrhundert Wissen bereitgestellt, das durch Erfahrung getestet und im Falle des Misserfolges ersetzt werden kann. Dieses Wissen machte zunehmend der "göttlichen" Offenbarung Konkurrenz, welche auch bei offensichtlicher Fehlleistung unumstösslich ist. Der dritte Faktor war die Reformation und die Idee, dass jedermann in direkten Kontakt zu Gott treten könne. Neben IHEU Gottes Wort wurde das Gewissen des Menschen zur leitenden Instanz – die Interpretation der heiligen Schrift wurde damit der Kirche und ihrer Priesterschaft aus der Hand genommen. In der Folge entstand ein Bewusstsein von individueller Verantwortung und schliesslich von individuellen Rechten. Ohne die Renaissance und die Reformation wären also die allgemeine Erklärung der Menschenrechte undenkbar. Scharia und Staat In der islamischen Welt hat eine solche Reformation nicht stattgefunden. Jeder Versuch ist bisher unter den massiven Anschuldigungen der Scharia und ihren drakonischen Strafen verstummt. Das islamische Recht kennt heute keine Rechte für Frauen und Nichtmuslime. Für Ungläubige gibt es nur die Wahl zwischen dem Tod und der Bekehrung. Juden und Christen werden als Menschen zweiter Klasse betrachtet. In Ländern, die den islamischen Staat ausgerufen haben, d.h. etwa im Iran, im Sudan, in Pakistan, im Norden Nigerias und in Afghanistan unter den Taliban sehen wir die bösartigen Folgen der Scharia: Frauen werden zu Tode gesteinigt, wenn sie persönliche Rechte wahrnehmen, mit der Klage auf GottesFortsetzung S. 4 Zentralvorstand FVS Klausurtagung im Januar 2004 An die auf meine Aufrufe angemeldeten Interessenten ist am 10. September ein Rundschreiben mit Terminvorschlägen versandt worden. Es könnte sein, dass vereinzelte Anmeldungen irgendwie unter's Eis geraten sind. Ich bitte deshalb diejenigen, die keinen Brief erhalten haben, sich nochmals zu melden. Herzlichen Dank für eure Mitarbeit! Euer ZP Jürg L. Caspar Büelrain 4, 8545 Rickenbach, Tel. 052 337 22 66, Fax 052 337 22 20, Mobil 079 4 305 305, E-mail: jlcaspar@bluewin.ch FREIDENKER 10/03 3 Fortsetzung von Seite 3 lästerung und der damit verbundenen Todesstrafe können persönliche oder politische Gegner eliminiert werden, das öffentlich Erhängen von wirklichen oder vermeintlichen Abtrünnigen schafft ein Klima der Angst und der Willkür. In einem islamischen Staat ist das islamische Recht automatisch Teil des Systems. In Saudi-Arabien etwa wurde der Koran offiziell zur Verfassung erklärt, der alle Gesetze untergeordnet sind. Wo aber göttliche Autorität über alles gestellt wird, ist die Idee der Demokratie chancenlos. Die Scharia stammt aus einer Zeit, in der es kein Konzept von Körperschaften oder öffentlichen Institutionen gab. Während im Westen die Kirchen selbst Institutionen sind, ist in der islamischen Welt die "Moschee" keine Einheit, ebensowenig gilt der Islam als Institution. Auch den Staat als Institution unabhängig von der Regierung existiert nicht. In der Scharia gibt es deshalb auch kein öffentliches Recht. Da ist kein Platz für einer Vorstellung von einer öffentlichen Körperschaft oder Regierung, die nicht von Gottes Repräsentanten geführt wird. So versteht sich etwa der Clan der Sauds nicht als Königshaus, sondern als "Beschützer der heiligen Orte". Auch die Ideen des Kalifats* sind noch wach. Eine säkulare Verfassung ist hingegen undenkbar, sie wäre schlicht illegitim. Scharia und Menschenrechte Verschiedene Aspekte der Scharia vertragen sich nicht mit den Ideen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: Gemäss der Scharia kann kein Individuum und keine Menschengruppe Rechte haben, die nicht der Scharia entsprechen. In den Augen der Fundamentalisten sind die Menschenrechte eine "Ansammlung von Regeln, die nur geschaffen worden sind, um die wahren Religionen zu zerstören" (Ayatollah Komeini). Auch wenn diese Aussage extrem anmutet, ist sie letztlich weniger gefährlich als die oft gehörte Behauptung, es gebe keinen Widerspruch zwischen Islam und Menschenrechten. Die Universale Islamische Erklärung der Menschenrechte von 1980 hat die Quadratur des Kreises versucht, sie wird aber von den Gelehrten nicht als auf islamischen Quellen fundiert anerkannt. Scharia und Frauenrechte Obwohl die Gleichheit der Geschlechter vor Gott im Koran und in der Scharia deklariert wird, werden Frauen offen- sichtlich als dem Mann untergeordnet behandelt, sie haben weniger Rechte und Verantwortung. Frauen sind benachteiligt, wenn es um den Eheschluss und die Scheidung geht, sie dürfen von ihrem Ehemann geschlagen werden, können weder über ihre Kleidung noch ihren Aufenthaltsort befinden. Alles was die Autorität des Ehemannes beschneiden könnte, wird von der Scharia abgelehnt. Eine Muslimin muss die Polygamie dulden und darf keine Nichtmuslim heiraten. Sie muss ihren Körper in der Öffentlichkeit nach detaillierten Vorschriften bedeckt halten, weil nach islamischer Vorstellung sich die Männer sonst nicht beherrschen könnten. Das Verbot des Kontaktes mit einem nicht verwandten Mann verunmöglicht es den Frauen praktisch, sich in der Gesellschaft zu engagieren. So war unter den Taliban den Witwen sogar die Erwerbstätigkeit untersagt, sie waren zum Verhungern verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, dass sie nicht genug für ihre verstorbenen Ehemänner gebetet hatten, sonst wäre dieser nicht gestorben... VerfechterInnen des Islams weisen manchmal darauf hin, dass Frauen glücklich seien mit ihrer Rolle in der Gesellschaft. Das mag für einzelne Frauen zutreffen. Allerdings hat in einem islamischen Staat keine Frau die Wahl, ob sie so leben will oder nicht. Diskriminierung von Nichtmuslimen Islamisches Recht wird auch auf Nichtmuslime angewendet. Zudem diktiert die Scharia, dass Muslime und Nichtmuslime nicht gleich behandelt werden sollen: So können nur Muslime vollwertige Bürger eines islamischen Staates sein, Christen und Juden können am öffentlichen Leben nicht teilnehmen und dürfen keine Autorität über Muslime haben und sie können keine permanente Aufenthaltsbewilligung erhalten, weil der Koran nur Gläubige als Mitglieder der religiös definierten Gemeinden anerkennt. Die Strafen für Vergehen durch Nichtmuslime fallen noch drakonischer aus als jene für Gläubige und ihre Zeugenaussage hat vor Gericht weniger Gewicht. Religions- und Glaubensfreiheit Der Islam kennt keine Glaubensfreiheit und betrachtet die Religionsfrage nicht als Privatsache. Da es in dieser Logik keinen vernünftigen Grund gibt, die perfekteste Religion der Welt zu verlassen, erwartet abtrünnige Männer die Todesstrafe, Frauen die Gefängnisstrafe bis Glossar *Hadith "Erzählung, Bericht", umfasst Nachrichten über das, was der Prophet gesagt, getan oder stillschweigend geduldet hat. *Kalif Nachfolger Mohammeds, weltlicher und religiöser Führer, aber nicht befugt, Dogmen aufzustellen. Die *Sunniten (Anhänger der Sunna, des Weges des Propheten) bilden die Mehrheit der Muslime und betrachten die Ära der ersten vier Kalife als das goldene Zeitalter des Islam. In Fragen des Kalifats kam es wiederholt zu schweren Feindseligkeiten zwischendenSunnitenundanderenMuslimen, vor allen den *Schiiten. Das Osmanische Reich brach im 1. Weltkrieg (1914-18) zusammen. 1924 wurde das Kalifat durch die türkische Nationalversammlung abgeschafft. *Koran ist das geoffenbarte Wort von Allah, an die Menschen gerichtet und von unantastbarer Gültigkeit. *Scharia "deutlicher Weg" ist kein real vorliegenden Gesetzbuch, sondern eine Idealvorstellung vom göttlichen Gesetz, das alle Lebensbereiche des Muslim regeln soll. Sie stützt sich auf zwei Hauptquellen: den Koran und die Sunna. Was dort nicht geregelt ist, wird durch den Konsens (Idschma) der muslimischen Gemeinde (Umma) und die Entscheidung nach Analogieschluss (Qiyas) der Rechtsgelehrten (Ulama) bestimmt. Die islamische Rechtswissenschaft hat jede menschliche Handlung in ein System von fünf Kategorien eingeordnet: Sie ist entweder 1. "Fard" = Pflicht für jeden Gläubigen (z.B. das rituelle Gebet) 2. "Haram" = verboten (z.B. Alkohol) 3. "Mandub" = erwünscht (z.B. zusätzliche Gebete), Nichtbefolgen wird nicht bestraft 4. "Makruh" = verwerflich /nicht erwünscht 5. "Mubah" = erlaubt, weil es nicht religiös beurteit wird (z.B. eine Flugreise). *Sunna bedeutet vorbildliches, beispielhaftes Verhalten. Die Sunna wird in Form des Hadith übermittelt. zur besseren Besinnung. Meinungsfreiheit Unter der Scharia ist die Tätigkeit von Schriftstellern, Denkern, Philosophen, Aktivisten und Künstlern massiv eingeschränkt. Der Konsum von Musik, Literatur und Kunst wird kontrolliert. Islamische Regimes sind bekannt für ihre gewalttätige Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Kritik an der Regierung wird als Gotteslästerung gebrandmarkt und bestraft. KritikerInnen des Islam werden regelmässig als islamfeindlich oder rassistisch beschimpft. 4 FREIDENKER 10/03 Keine Toleranz für die Scharia Das islamische Recht muss sich der Analyse, der Forschung und der Kritik ebenso stellen wie jedes andere System von Praxis und Glauben. Die Behauptung, das Recht sei von Gott offenbart, darf den Islam ebensowenig von der Kritik abschirmen, wie im Westen die Verbrechen des Christentums verschwiegen werden dürfen. Die Scharia muss bekämpft werden, weil sie die Theokratie über die Demokratie stellt, weil sie Menschenrechte verletzt, wegen ihrer institutionalisierten Diskriminierung, ihrer Verneinung der Menschenwürde und der individuellen Autonomie, wegen der Strafen für alternative Lebensweisen und generell wegen der Grausamkeit ihrer Strafen. Im Westen, selbst da wo namhafte islamische Minderheiten leben, darf die Scharia keinen Einfluss gewinnen. Sie kommt in jedem Fall in Konflikt mit grundsätzlichen humanen Werten, so z.B. der Gleichheit vor dem Recht, dem Prinzip von Verhältnismässigkeit von Tat und Strafe, mit der demokratisch begründeten Autorität des Rechtes. Scharia – überlebtes Stammesrecht Das islamische Recht, so wie es sich vor mehr als 1'000 Jahren entwickelt hat, hat verschiedene vorislamische, frauenfeindliche Traditionen und Stammesbräuche des mittleren Orient übernommen. Wie soll ein solches Rechtssystem im 21. Jahrhundert unverändert Gültigkeit beanspruchen können? Die Scharia reflektiert die sozialen und ökonomischen Bedingungen aus jener Zeit und hat mit späteren sozialen, ökonomischen, kulturellen und moralischen Entwicklungen nicht Schritt gehalten. Die Prinzipien der Scharia sind unvereinbar mit moralischem Fortschritt, mit Humanität und zivilisierten Werten. Relativismus ist keine Anwort Wie können wir das islamische Recht bekämpfen, ohne uns dem Vorwurf des kulturellen Imperialismus, des Neokolonialismus und Rassismus auszusetzen? Kultureller Relativismus ist keine Antwort. In Indien hat jede Religion ihre eigenen sozialen Gesetze, eine Muslima hat nicht die gleichen Rechte wie eine Hinduistin. Warum nicht? Die Gerechtigkeit schreit nach Säkularisierung. Ein Recht für alle – Gleichheit vor dem Recht – muss die Antwort sein! Individuelle Menschenrechte Viele der Argumente für die Zulassung von religions- oder kulturspezifischem Recht basieren auf einem falschen Verständnis der Natur der Menschenrechte. Menschenrechte, wie sie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte statuiert, werden dem einzelnen Menschen und nicht Menschengruppen verliehen. Sobald Rechte nämlich einer Gruppe verliehen werden, können Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen, aber auch zwischen der Gruppe und ihren einzelnen Mitglieder entstehen. Einer der Gründe warum der Islam im letzten Jahrhundert so gewachsen ist, ist die Tatsache, dass der Islam eine Einbahnstrasse ist: Es gibt kein Recht auf Austritt – wer einmal Muslim ist, bleibt es, weil der einzige Weg hinaus unter der Scharia der Tod ist. Gefährliche Ideologie Der Islam bleibt unter allen heutigen Ideologien die gefährlichste für die Menschheit. Er ist weder gezähmt noch von progressiven Kräften verändert worden. Der politische Islam hat die Macht, Terroristen zu ihren Taten zu motivieren und hat – durch seine Verbindung mit den ölreichen Staaten – die Mittel, diese Taten auszuführen. Kritik an der Praxis Vertreter des Islams beteuern immer wieder, dass viele sogenannte Menschenrechtsverletzungen auf einem falschen Verständnis des Korans basieren. Sie behaupten, der Islam sei eine Religion des Friedens und, dass der Jihad, der heilige Krieg, nicht wörtlich zu verstehen sei. Sie pflegen dazu die eine oder andere Koran-Stelle zu zitieren. Wie die christliche Bibel, so enthält auch der Koran Verse, die jeden Gesichtspunkt unterstützen können. Die Kritik darf sich deshalb nicht primär gegen den "heiligen" Text als solches wenden, obschon es auch dort einiges zu kritisieren gäbe, sondern gegen die Praxis des Islam. Die einzige Antwort auf den Vorwurf des Missverständisses ist also der Verweis auf die Realität dessen, was in Ländern wie Iran, Pakistan, Saudi-Arabien und dem nördlichen Nigeria geschieht, die alle unter dem Einfluss der Scharia stehen. Die Welt ist das Kampffeld von sozialen Bewegungen und Ideen. Im Westen hat die Menschheit mehr als 400 Jahre oft blutigster Auseinandersetzungen ge- braucht, bis sie sich das Recht erkämpft hatte, das Christentum zu kritisieren. Noch heute ist dieses Recht nicht unbestritten. In England etwa gibt es immer noch ein Blasphemie-Gesetz und verschiedene islamische Kleriker haben bereits verlangt, dass dieses auch auf den Islam anzuwenden sei. Dieses Gesetz muss verschwinden. Wenn wir zulassen, dass wir unsere Ansichten auf dem Markt der Ideologien nicht mehr frei äussern dürfen, befinden wir uns auf dem Weg ins dunkle Mittelalter. Zukunft: Säkulare Gesellschaft Es ist Zeit die Scharia aufzugeben. Mehr den je braucht die Menschheit einen säkularen Staat, der die Freiheit von und zur Religion respektiert, und Menschenrechte, die auf dem Prinzip der Volkssouveränität basieren. Das bedeutet aber die Absage an die heutige Staatskonzeption in den islamischen Staaten. Nur indem wir die Scharia dezidiert ablehnen, ermöglichen wir den Muslimen, den Zugang zur modernen, säkularen Welt. Das bedeutet nach dem Gesagten aber: Die ganze islamische Gesellschaft muss säkularisiert werden. Die Idee des individuellen Gewissens als Führung und Massstab der Richtigkeit privaten Verhaltens muss verbreitet werden. Das kann allerdings nicht von aussen geschehen, weil dies – als Neokolonialismus und Imperialismus diffamiert – die Menschen den Extremisten in die Arme treiben würde. Die Ideen von persönlicher Freiheit, von Fortschritt und Wandel müssen von gemässigten oder ehemaligen Muslimen innerhalb der islamischen Gesellschaft gesät werden. Wir im Westen können sie darin lediglich unterstützen. Der Weg wird lang und hart sein. Aber die Geschichte der menschlichen Gesellschaft hat gezeigt, dass – einmal angezündet – der Funke der individuellen Freiheit nicht mehr ausgelöscht werden kann. Leicht gekürzte Version des unter dem Titel "Defending human rights in islamic countries" erschienen Artikels in International Humanist News, August 2003. Übersetzung: Reta Caspar. FREIDENKER 10/03 5 Forum Unmoralisch "Wellness" FREIDENKER 9/03 Kostenverursacher Antwort zum Leserbrief von Rudolf Lüthi Auf den ausführlichen Artikel von Bruno Stutz, Embrach, möchte ich so kurz als möglich reagieren. Ich gebe dem Autor in seinen Ausführungen bezüglich "Wellness" teilweise Recht. Vieles entstand in den vergangenen gigantischen Wohlstandsjahren mit der Meinung, alles ist machbar. Gelebt wurde ja nur noch nach dem seinerzeitigen römischen Motto: "Gebt uns Brot und Spiele" – man kann diese Einstellung noch immer beobachten (Sportplätze wie die früheren Arenen- Wellness- und Einkaufstempel und vieles mehr), das alles wird sich mit der Zeit zu Tode laufen. Dass das "Ideal" richtig verstanden, positiv sein kann darf nicht vergessen – oder in das Negative versetzt werden und da möchte ich einhaken. Ich finde es richtig, dass Fettsucht heute angeprangert wird, zum Ersten ist es sehr unmoralisch, in einer Zeit, in der täglich Zehntausende verhungern, sich unästhetische Fettwanste anzufressen. Zum Zweiten ist es doch störend an Arbeitsplätzen, oder wo auch immer "Fettlawinen" um sich zu haben – zudem taugen sie einfach weniger bei der Arbeit, das schleckt keine Geiss weg. Ich verstehe alle Arbeitgeber, die solche Personen nicht beschäftigen wollen. Auch sind sie eine höhere Belastung für das Gesundheitswesen. Übergewicht – also Fettsucht – ist fast ausnahmslos eine Frage der "Fresserei", ob es sie auch in den ärmeren Ländern gibt, ändert nichts. Unverständlich ist mir, warum Bruno Stutz auch eine Lanze für die Raucher brechen will – sogar für die jungen Raucher (vermutlich ist B.S. selbst Raucher). Es ist doch hinlänglich bekannt, welche enorme Gesundheitsschäden die Nikotinsucht verursacht, auch das treibt die Krankenkassen-Prämien in die Höhe – auch für Nichtraucher. Dass heute eine Hatz gegen die Raucher betrieben wird, wo sie andere schädigen können (Passivrauchen) ist absolut in Ordnung. Ich möchte anfügen: Frei denken heisst nicht auch alle Freiheiten im Tun und Lassen haben, oder jedem Laster nachhängen zu können – Humanismus verpflichtet. Abstossend ist doch auch das widrige "Raucherzeremoniell". Verrät Nikotinsucht nicht auch Labilität? Dasselbe mit der Fettsucht? Rudolf Lüthi, Hörhausen/TG Auf die klaren Ansichten von Rudolf Lüthi über die "unästhetischen Fettwanste" möchte ich nicht näher eingehen – sie wirken ja auch unkommentiert recht eindrücklich und nachhaltig! Was nun aber die dauernd vorgebrachten Hinweise auf die durch Überge.wichtige und Raucher verursachten Gesundheitskosten betrifft: Weshalb werden eigentlich nicht mit der gleichen Leidenschaft all die anderen, grösstenteils auch vermeidbaren Kosten-verursacher bekämpft? Die gesamten Kosten für die arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden werden in einer für das Seco erstellten Studie auf rund 8 Milliarden Franken geschätzt. Bei handwerklichen Berufen ist das Unfall- und Invaliditätsrisiko sehr hoch, zu viele Arbeiter krampfen sich den Rücken und die Gelenke kaputt, aber in kaum einer Branche wird die körperliche Schwerstarbeit von uns als so selbstverständlich angesehen wie auf dem Bau. Allein aufgrund des enormen Leistungsdrucks in der Arbeitswelt, betragen die jährlichen Kosten von beruflichem Stress und Burnout-Syndrom rund 4,2 Milliarden Franken. Nicht eingerechnet sind hier die zukünftigen Kosten für die Invalidenversicherung, hat doch schon heute die überwiegende Mehrzahl der neuen IV-Fälle psychisch bedingte Ursachen. Dass dieses Problem in unserer kalten, gewinnorientierten und gefühllosen Gesellschaft begründet ist, interessiert offenbar nicht. Mehr als 3'000 Menschen sterben jährlich an den Folgen der Umweltverschmutzung, ohne dass gegen diese "fahrlässige Körperverletzung" politisch oder juristisch etwas unternommen wird. Durch Unaufmerksamkeit oder Fahrlässigkeit werden im Strassenverkehr jährlich tausende völlig unschuldiger Menschen für ein Leben gezeichnet und Gesundheitskosten von über 12 Milliarden Franken verursacht. Hier könnte ich mich, dem unsäglichen Ego-Trend folgend, ja auch fragen, weshalb ich als Nicht-Autofahrer diese immensen Kosten mitfinanzieren muss! Dies nur einige Beispiele aus der grossen Liste der Kostenverursacher! Ich breche eine Lanze für die Raucher? Nun, ich habe zweimal deutlich auf die Schädlichkeit des übermässigen Tabakkonsums hingewiesen und ich erachte nur das massvolle Rauchen als tolerierbar. Wenn es uns aber gelingt, die Zigarette (danach!), als Genuss- und nicht als Suchtmittel zu akzeptieren und auch entsprechend zurückhaltend und sporadisch zu gebrauchen, kann nicht mehr viel dagegen sprechen. Und was die Belästigung der Nichtraucher durch Tabakrauch betrifft: heute wird er ja nur noch selten (ungewollt!) damit konfrontiert – ausser er braucht es um wieder einmal lästern zu können. Regionale Autobusse sind seit Jahrzehnten rauchfrei, auch in Flugzeugen oder am Arbeitsplatz muss der Nichtraucher kaum mehr beissenden Qualm ertragen. So bleibt eigentlich nur noch die dauernd beklagte Beeinträchtigung im Restaurant. Bei der gegenwärtigen, liberalen Gastgewerbegesetzgebung wäre es doch ein leichtes, innovative Nichtraucher für die Eröffnung einer rauchfreien und erfolgreichen Gastwirtschaft zu gewinnen. Nur sollte dieses Konzept dann aber auch konsequent durchgezogen werden. Nicht wie beim international tätigen "Starbucks", dem Kaffee-Paradies für Nichtraucher, wo dann entgegen der Geschäftsphilosophie schon einmal ein Raucherbereich eingerichtet wird – im Glattzentrum ist diese Zone, in der Mall, immer bestens belegt. Geld von Rauchern stinkt halt doch nicht. Oder wie beim Kinderarzt im Unterland, der sein gutes Geld in ein Restaurant mit feiner asiatischer Küche investierte, überall mit dem Hinweis: "rauchfrei" dafür warb – und jetzt doch kürzlich einen Raucherraum einrichtete. Für den Profit wirft offenbar auch der militanteste Rauchgegner seine Prinzipien über Bord. Völlig nicht ins Bild der Tabakgegner passt nun eine neue Untersuchung (40-jährige Beobachtung von 35‘000 Nichtrauchern, deren Partner rauchten) der University of California, die zeigt, dass Nichtraucher, die häufig Zigarettenrauch ausgesetzt sind, weder ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte noch für Lungenkrebs haben (SonntagsZeitung, 18.5.2003). Aber vielleicht waren die dafür verantwortlichen Wissenschaftler auch Raucher, und somit ... Bruno Stutz, Embrach 6 FREIDENKER 10/03 Zürcher Knabenschiessen: Kult der Waffen Im Schiessstand im Albisgütli in Zürich beim Knaben- und Mädchenschiessen fühlte ich mich in meine Jugendzeit zurückversetzt: Mein Vater war Schützenmeister und ich begleitete ihn immer wieder am Sonntagmorgen in den Schiessstand. Schiessen war damals für meinen Vater, und auch für mich, ein Sport wie jeder andere. Getrübt wurde diese Vorstellung, Schiessen sei ein Sport wie jeder andere, als ein Bekannter von uns sich mit seinem Karabiner erschoss. Später erfuhr ich immer wieder, dass Menschen mit denen ich in Kontakt gewesen war, sich mit ihrem Gewehr oder mit ihrer Pistole getötet hatten. Aus diesem Grund bin ich heute dafür, dass Schusswaffen ähnlichen Restriktionen unterstellt werden, wie sie für den Umgang mit Sprengstoffen und Giften bestehen: Waffen sollten nur noch Leute besitzen, die den Nachweis erbringen können, dass sie beruflich eine Waffe benötigen, zum Beispiel die Polizei, Jäger, usw. Und, wäre es nicht auch möglich, dass Wehrmänner ihre Waffe jeweils nach dem Militärdienst im Zeughaus deponierten, wie dies auch in anderen Ländern üblich ist? Die drei Millionen Gewehre und Pistolen die in der Schweiz in Privathaushalten vorhanden sind, führen nachweislich nicht nur zu vielen Selbstmorden mit Schusswaffen, sondern auch zu vielen Tötungsdelikten. Der Kriminolo-ge Martin Killias sagt denn auch: "Mehr Waffen zu Hause heisst mehr erschossene Ehefrauen". In der Tat: In keinem europäischen Land werden so viele Frauen durch Männer erschossen wie in der Schweiz. Amnesty International wird noch diesen Herbst eine internationale Kampagne gegen Kleinwaffen lancieren, denn die 640 Millionen Kleinwaffen die weltweit im Umlauf sind, gehören zu den wichtigsten Instrumenten in den meist innerstaatlichen Kriegen von heute. Viele Kindersoldaten in Afrika sind mit den leichten und handlichen Sturmgewehren ausgerüstet. Auch die offizielle Schweiz engagiert sich im Rahmen der "Partnership of peace" gegen die weltweite Verbreitung von Kleinwaffen. Mit Knaben- und Mädchenschiessen, wie sie Zürich veranstaltet, garniert mit Chilbi und Zuckerwatte, wird jedoch leider die verheerende Kultur der Waffen noch gefördert statt geächtet. H. Frei, Zürich in den Sektionen Basel - Union Jeden letzten Freitag im Monat ab 19 Uhr: Freie Zusammenkunft im Restaurant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat: Vorstandssitzung um 19 Uhr Basel -Vereinigung Jeden letzten Donnerstag im Monat 15 bis ca. 17.30 Uhr: Donnerstag Hock Restaurant "Park", Flughafenstr. 31. Bei schönem Wetter im Gartenrestaurant. Bern Montag, 6. Oktober ab 19.00 Uhr Freie Zusammenkunft "Die Parlamentswahlen – und wir?" im Freidenkerhaus Weissensteinstrasse 49B Voranzeige Sonntag, 30. November: Jahresfeier 2003 bitte Datum reservieren Winterthur Mittwoch, 1. Oktober 19.30 Uhr Mittwochstamm im "Hilfdi-Club", Technikumstrasse 90 Donnerstag, 30. Oktober 19.30 Uhr Kegelabend Restaurant "Chässtube" Mittwoch, 19. November, 20 Uhr ETHIKKRISE IN DER WIRTSCHAFT? kaum zu glauben... "(...)In einer italienischen Kirche ist vor fünf Jahren heimlich ein Pornofilm gedreht worden. Deshalb werden jetzt alle Ehen, die seither geschlossen wurden, für ungültig erklärt. (...) Bemerkenswert ist auch die Art und Weise, wie der Sündenfall herauskam: Ein Bewohner des mittel-italienischen Abruzzen-Dorf Gioia Vecchio hat den Pornofilm gesehen und darin S. Vincenzo als Drehort erkannt! Als guter Bürger und anständiges Gemeindemitglied hat er das natürlich sofort bei der Polizei angezeigt. Der damalige Gemeinde-pfarrer hat 1998 erlaubt, dass ein Filmteam vor der Kirche eine Hoch-zeitsszene dreht. Was er nicht wusste: Drinnen spielten sich ganz andere Szenen ab. Hardcore statt Kirchenchor, Schweinerei in der Sakristei, Blowjob statt Abendmahl! Der Fall hat vor allem kirchenrechtlich gravierende Folgen. Streng genommen ist die Kirche durch die unzüchtigen Handlungen entweiht worden. Alle Messen, die in den fünf Jahren seit den Dreharbeiten in der Kirche gefeiert wurden, könnten daher als ungültig betrachtet werden, sagte der neue Pfarrer von Gioia Vecchio, Paolo Ferrini. Auch in der Kirche vorgenommene Eheschliessungen drohten als ungültig eingestuft zu werden. Der zuständige Diözesanbischof will nach zusätzlichen Recherchen über das weitere Vorgehen entscheiden. Es sei davon auszugehen, dass ein Sühnegottesdienst gefeiert werden müsse, verlautete aus dem Vatikan." Kronenzeitung 14.9.2003 Referent: Dr. K. P. Rippe Präsident Schweiz. Ethikkommission Ethikkrise – wo bleibt der Mensch? Podiumsgespräch mit Diskussion Jacqueline Fehr Nationalrätin SP Dr. Rudolf Friedrich alt Bundesrat Dr. Hans Hollenstein Stadtrat Hannes Keller Dipl. Phys. ETH, Unternehmer Dr. K. P. Rippe Referent Gesprächsleiter: Dr. W. Bührer stellvertretender Chefredaktor LANDBOTE Theatersaal Hotel/Restaurant WARTMANN, Winterthur Zürich Dienstag, 14. Oktober 14. 30 Uhr Freie Zusammenkunft Themen: 1. Blick in die Vergangenheit: Lichtbildervortrag: "Moskau und Leningrad 1968" 2. Blick in die Zukunft: "Wie weiter mit der Sektion Zürich" Referent: Hans Rutishauser Restaurant "Schweighof" FREIDENKER 10/03 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union Trauer Feiern Basel (Vereinigung) 061 401 35 19 oder 061 321 31 48 Basel (Union) 061 321 39 30 oder 061 601 03 23 Bern Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Basel und Umgebung Postfach 302, 4012 Basel *auch Fax Präsidentin: Y. Andrek 061 401 35 19* Vizepräsidentin: B. Bisig 061 321 31 48* Kassier: R. Wenger Tel. 061 692 86 27 Fax 061 692 86 28 Mitgliederdienst: R. Frey 061 421 12 80 Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: G. Rudolf 061 601 03 43 Infos: 061 321 39 30, 061 601 03 23 Mitgliederdienst: 061 321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 FVS-Ortsgruppe Bern Postfach 554, 3550 Langnau Präsident: D. Aellig 034 497 30 60 Mitgliederdienst: J. Kaech 031 372 56 03 Libre Pensée de Genève 27 ch. des quoattes, 1285 Avusy Président: J.P. Bouquet 022 756 40 49 tél. et fax Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Auskünfte: Peter Hess, Präsident 032 645 38 48 oder 076 376 38 48 Mitgliederdienst/Krankenbesuche: Lotti Höneisen 076 53 99 301 Sektion Luzern-Innerschweiz Postfach 2908, 6002 Luzern Präsident: E. Ochsner 041 440 76 36 FVS Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: W. Zollinger 062 293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen Präsident: M. Bollinger 052 685 13 62 FVS-Regionalgruppe St. Gallen St.Georgenstr. 218b, 9011 St.Gallen Präsident: E. Diem 071 222 47 54 Mitgliederdienst: S. Breitler 071 351 29 81 Associazione Svizzera dei Liberi Pensatori (ASLP) Sezione Ticino Casella postale 721, 6902 Paradiso Presidente: R. Spielhofer 091 994 21 45 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Président: J.P Ravay 022 361 94 00 Secrétariat: 026 660 46 78 Winterthurer Freidenker Postfach 1806, 8401 Winterthur Präsident: J.L. Caspar 052 337 22 66 Sekretariat: D. Dünki 052 222 98 94 FVS-Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident ad interim: H. Rutishauser Tel. und Fax 01 463 16 55 Mitgliederdienst: M. Dobler 01 341 38 57 034 497 30 60 oder 031 372 56 03 Grenchen 076 53 99 301 oder 032 645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041 420 45 60 oder 041 440 76 36 Schaffhausen 052 337 22 66 St. Gallen 052 337 22 66 Vaud Waadt 026 660 46 78 ou 022 361 37 12 Winterthur und Thurgau 052 337 22 66 Zürich 01 463 16 55 Falls unter der regionalen Nummer niemand zu erreichen ist: Zentralsekretariat FVS 032 641 26 24 oder 052 337 22 66 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: 01 251 80 66 FVS Zentralsekretariat Zentralkasse Mitglieder melden ihre Adressänderungen bitte an die Sektionen. 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