Freidenker 11/2002.pdf

PDF download

(file: @@Freidenker-200211.pdf@@)Wider das Reden vom Krieg ohne Ende Präsident der Vereinigten Staaten dem Krebs, der Armut und den Drogen den Krieg erklärt, wissen wir natürlich, dass "Krieg" eine Metapher ist. Glaubt irgend jemand, dass dieser Krieg – der Krieg, den Amerika dem Terrorismus erklärt hat – eine Metapher ist? Aber er ist eine, und zwar eine mit erheblichen Konsequenzen. Dieser Krieg wurde verkündet, nicht wirklich erklärt, da die Bedrohung als offensichtlich erachtet wird. Wirkliche Kriege sind keine Metaphern. Und wirkliche Kriege haben einen Anfang und ein Ende. Selbst der schreckliche, hartnäckige Konflikt zwischen Israel und Palästina wird eines Tages enden. Der Krieg aber, der von der Bush-Regierung erlassen wurde, wird niemals enden. Das ist eines der Zeichen, dass dies kein Krieg ist, sondern vielmehr ein Mandat für die Ausweitung der Macht Amerikas. Wenn die Regierung dem Krebs oder der Armut oder den Drogen den Krieg erklärt, bedeutet das, dass die Regierung die Mobilisierung neuer Kräfte zur Problembekämpfung fordert. Es bedeutet auch, dass die Regierung nicht viel tun wird, das Problem zu lösen. Wenn die Regierung dem Terrorismus den Krieg erklärt – wobei der Terrorismus ein multinationales, grösstenteils geheimes Netzwerk von Feinden ist – , bedeutet das, dass die Regierung tun kann, was sie will. Wenn sie irgendwo intervenieren will, wird sie es tun. Das amerikanische Misstrauen gegenüber "Verstrickungen im Ausland" ist sehr alt. Aber diese Regierung vertritt die radikale Position, dass alle internationalen Verträge potenziell schädlich seien für die Interessen der Vereinigten Staaten. Und zwar deshalb, weil die Unterzeichnung eines jeden beliebigen Vertrages (zum Beispiel zu Umweltfragen oder zum Verhalten in kriegerischen Auseinandersetzungen und zur Behandlung von Gefangenen oder zu einem Weltgerichtshof) die Vereinigten Staaten an Konventionen bindet; Konventionen, die eines Tages herangezogen werden könnten, um die Freiheit Amerikas einzuschränken, all das zu tun, wovon die Regierung glaubt, es sei im Interesse des Landes. Genau das Susan Sontag Seit dem 11. September vergangenen Jahres hat die Regierung Bush dem amerikanischen Volk erklärt, dass sich Amerika jetzt im Krieg befinde. Doch dieser Krieg ist recht eigentümlicher Natur. In Anbetracht der Natur des Feindes scheint es ein Krieg ohne absehbares Ende zu sein. Was für eine Art Krieg ist das? Präzedenzfälle gibt es. Die Kriege, die in den vergangenen Jahren Feinden wie dem Krebs, der Armut und den Drogen erklärt worden sind, werden als Kriege ohne Ende aufgefasst. Wie jeder weiss, wird es Krebs, Armut und Drogen immer geben. Und es wird immer verachtenswerte Terroristen geben, Terroristen, die Massenmörder sind, wie diejenigen, die die Anschläge des 11. September verübt haben. Und es wird immer Freiheitskämpfer geben, die früher einmal Terroristen genannt wurden (wie die französische Resistance durch das Vichy-Regime, oder der ANC und Nelson Mandela durch die südafrikanische Apartheids-Regierung), aber später durch die Geschichte neu bewertet wurden. Wenn ein Freitag, 22. November 2002 Karlheinz Deschner in Zürich Erleben Sie den scharfsichtigsten Kritiker nicht nur der christlichen Kirchen, sondern der Lehre des Christentums überhaupt. Seite 6 macht einen Vertrag ja gerade aus: Das Recht der Unterzeichner auf vollständige Handlungsfreiheit gegenüber dem Verhandlungsgegenstand wird durch den Vertrag eingeschränkt. Bisher war das allerdings kein Grund für einen anständigen Nationalstaat, Vertragsabschlüsse zu vermeiden. Indem man Amerikas neue Aussenpolitik als in Kriegszeiten unternommene Massnahmen definiert, arbeitet man darauf hin, eine Debatte in der breiten Öffentlichkeit zu verhindern über das, was eigentlich gerade geschieht. Dieser Widerwille, Fragen zu stellen, deutete sich schon unmittelbar nach den Anschlägen des 11. September an. Diejenigen, die Einwände gegen die Dschihad-Rhetorik der amerikanischen Regierung erhoben (Gut gegen Böse, Zivilisation gegen Barbarei), wurden angeklagt, die Anschläge stillschweigend zu entschuldigen – oder zumindest Verständnis für den Fortsetzung S. 2 Groll zu haben, FREIDENKER 11/02 THEMEN in diesem FREIDENKER Wider das Reden vom Krieg ohne Ende 1-3 USA: Marsch der Gottlosen 2 Jahrhundert der Demozide 4-5 Karlheinz Deschner in Zürich 6-7 1 Fortsetzung von Seite 1 der zu den Anschlägen geführt hatte. Unter dem Schlagwort "Einigkeit macht stark" wurde der Aufruf zum Nachdenken mit Abweichlertum gleichgesetzt, Abweichlertum wiederum mit mangelndem Patriotismus. Die Entrüstung kam denen zupass, die innerhalb der Bush-Regierung die Richtung in der Aussenpolitik bestimmen. Die Abneigung gegenüber Diskussionen unter dem Führungspersonal beider Parteien bleibt auch vor den Gedenkfeiern zum Jahrestag der Anschläge erkennbar – Gedenkfeiern, die als erneute Bekräftigung der amerikanischen Solidarität gegen den Feind angesehen werden. Der Vergleich zwischen dem 11. September 2001 und dem 7. Dezember 1941 lag immer nahe. Wieder wurde Amerika zum Ziel eines tödlichen Überraschungsangriffs, der viele Leben kostete – in diesem Fall die von Zivilisten. Ihre Anzahl überstieg die der Soldaten und Matrosen, die in Pearl Harbor starben. Dennoch bezweifle ich, dass man am 7. Dezember 1942 grossartige Gedenkveranstaltungen als nötig empfand, um die Moral und die Einigkeit im Land aufrecht zu erhalten. Damals herrschte wirklich Krieg, auch noch ein Jahr später. Phantomkrieg Heute haben wir es mit einem Phantomkrieg zu tun, einem Krieg, den die Regierung Bush nach Belieben führen kann. Deshalb hat er einen Gedenktag nötig. Ein solcher Gedenktag dient verschiedenen Zwecken. Er ist ein Trauertag. Er bekräftigt die nationale Solidarität. Aber eines ist klar: Er ist kein Tag nationaler Reflexion. Reflexion, heisst es, könne möglicherweise unsere "moralische Klarheit" beeinträchtigen. Es ist notwendig, einfach zu sein, klar, vereint. Daher wird es keine Worte geben; vielmehr wird es geliehene Worte geben, wie Abraham Lincolns Ansprache von Gettysburg (beide Parteien nehmen sie für sich in Anspruch), die in einer Zeit gehalten wurde, als grosse Rhetorik noch möglich war. Aber Lincolns Reden waren nicht einfach inspirierende Prosa. Sie waren mutige Formulierungen nationaler Ziele in einer Zeit des wirklichen, schrecklichen Krieges. In seiner Zweiten Antrittsrede wagte Lincoln die Vorwegnahme der Versöhnung zwischen Norden und Süden, die dem Sieg des Nordens im Bürgerkrieg notwendig folgen musste. Der Abschaffung der Sklaverei räumte Lincoln durch die Betonung der Freiheit in der Ansprache von Gettysburg absoluten Vorrang ein. Wenn man die grossen Lincoln-Reden aber bei den Gedenkveranstaltungen zum 11. September zitiert, werden sie – der postmodernen Sitte folgend – jeder Bedeutung beraubt. Heute sind sie Gesten des Edelmutes, der geistigen und spirituellen Grösse. Aus welchem Anlass sie einmal so grossartig waren, ist irrelevant. Folge des Anti-Intellektualismus Das alles folgt der grossen Tradition des amerikanischen Anti-Intellektualismus: dem Misstrauen gegenüber Gedanken, gegenüber Worten. Und es kommt den Zielen der gegenwärtigen Regierung sehr entgegen. Indem sich unsere politischen Führer hinter dem Humbug verschanzen, Susan Sontag lebt als Schriftstellerin in New York. Im Februar 2003 erscheint ihr neues Buch "Regarding the Pain of Others". Auf Deutsch sind bisher u.a. erschienen: "Krankheit als Metapher" 1981 "Aids und seine Metaphern" 1997 dass die Anschläge vom 11. September zu furchtbar, zu erschütternd, zu schmerzhaft, zu tragisch für Worte gewesen seien, dass Worte keinesfalls unserer Trauer und unserer Entrüstung gerecht werden könnten, haben sie die perfekte Ausrede gefunden, um sich in geborgte Worte zu hüllen, denen jeder Inhalt genommen wurde. Etwas zu sagen, könnte kontrovers sein, könnte ja zu einer Art Stellungnahme geraten und so zu Widerlegungsversuchen ermuntern. Am besten also sagt man gar nichts. Natürlich wird es Bilder geben. Viele Bilder. Genau so wie alte Worte wiederaufbereitet werden, wird es mit den Bildern von vor einem Jahr Forts. S. 3 Freidenker weltweit USA: Marsch der Gottlosen nach Washington Fast jede politische und soziale Bewegung hat es einmal getan, die Schwulen, die Schwarzen, die Frauen, die Frommen... haben auf diese Art auf sich aufmerksam gemacht und für sich einen Platz am Tisch der Hauptstadt eingefordert. Am 2. November wollen VertreterInnen der nicht-religiösen Organisationen den "Gottlosen Amerikanern" eine neue Stimme verleihen. Atheisten, Freidenker, Säkulare Humanisten, Rationalisten sind aufgerufen am Marsch teilzunehmen und eine Agenda für ein säkulares Amerika einzufordern. Derzeit bezeichnen sich 13% der AmerikanerInnen als religionslos, das sind über 30 Millionen Menschen, mehr als irgendeine amerikanische Kirche an Mitgliedern hat. In ihrem Aufruf schreiben die InitiantInnen (darunter auch Ellen Johnson, Präsidentin der American Atheists): "Präsident Bush und andere politische Führer ignorieren uns und versuchen, die Nation zum religiösen Glauben anzuhalten. Nichtreligiöse Menschen werden marginalisiert und ausgegrenzt, von Wahlen und anderen öffentlichen Ereignissen, so auch von den Trauerfeierlichkeiten rund um den 11. September!" Auf den 20-30 minütigen Marsch zum Capitol werden verschiedene Ansprachen folgen und Grussbotschaften aus dem In- und Ausland verlesen oder ausgestrahlt. Auch die FVS hat eine Grussbotschaft nach Washington gesandt. rc 2 FREIDENKER 11/02 Grosser Vorstand Jahressitzung 2002 Die Sitzung dient in erster Linie der Beratung und Verabschiedung des Budgets für das kommende Jahr. Zur Sitzung eingeladen werden die von den einzelnen Sektionen gewählten Mitglieder des Grossen Vorstandes. Freidenkerspende 2002 Ausbildungsplätze für junge Männer schaffen Die FVS-Delegierten empfehlen Ihnen dieses Jahr das Ausbildungszentrum von Robert Kern in Rio das Ostras (Brasilien) als Spendenprojekt: Seit vier Jahren bringt der ausgewanderte Schweizer in seiner Werkstatt jungen Männern aus armen Familien mit viel Geduld das Schlosserhandwerk bei. Weil in der Region auch Mechaniker eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, soll nun eine zweite Werkstatt für Mechaniker entstehen. Für Fr. 15'000.- kann Robert Kern eine vorgefertigte Hallenstruktur anschaffen und den Ausbau mit den jungen Männern in Angriff nehmen – helfen wir ihm dabei! Spenden, auch kleine Beiträge, werden dankbar entgegengenommen auf dem Spendenkonto: Merci! 90 -197500 - 0 Samstag, 30. 11. 2002, in Olten Details, Traktanden und Beilagen werden an die Sektionen versandt. Zentralsekretariat Vielen Dank o an all die vielen Direktabonnenten des "freidenker", die ihr Abo spontan bezahlt haben o an die leider noch wenigen Sektionen, die ihre Zentralbeiträge geleistet haben o an die LeserInnen für die kreativen Beiträge zum Ideenwettbewerb zu Slogan und Logo der FVS o und grundsätzlich für das Verständnis dafür, dass wir nicht über ein ganzzeitliches und professionelles Sekretariat verfügen können. Hans-Ruedi Zihlmann Fortsetzung von Seite 2 geschehen. Ein Bild ist, wie jeder weiss, so viel wert wie tausend Worte. Wir werden das Ereignis erneut durchleben. Es wird Interviews mit Überlebenden geben und mit Familienangehörigen der Opfer. Dies ist eine Zeit der "closure", eine Zeit des Abschliessens in den Gärten des Westens. (Ich dachte bisher, das Nullwort, welches derzeit die schlimmste Bedrohung für Ernsthaftigkeit und Gerechtigkeit darstellt, sei "elitär". Ich bin aber zu der Überzeugung gelangt, dass "Abschliessen" genauso verlogen und hassenswert ist.) Einige werden abschliessen können, einige werden es ablehnen, weil sie das Bedürfnis haben, weiter zu trauern. Vertreter der Stadt werden die Namen derjenigen vorlesen, die in den Twin Towers starben – eine mündliche Version des am meisten verehrten Trauermonuments der Vereinigten Staaten, der interaktiven schwarzen Steintafeln von Maya Lin in Washington, in die (zum Lesen, zum Betasten) der Name jedes einzelnen Amerikaners eingraviert ist, der in Vietnam starb. Andere Stückchen linguistischer Magie werden folgen, wie die gerade bekannt gegebene Entscheidung, dass der internationale Flughafen jenseits des Flusses in New Jersey, von dem aus die UnitedAirlines-Maschine Nr. 93 zu ihrem verhängnisvollen Flug abhob, ab jetzt Newark Liberty Airport genannt werden soll. Für Demokratie und Säkularismus Ich möchte es noch deutlicher sagen: Ich stelle nicht in Frage, dass es einen bösartigen, abscheulichen Feind gibt, der die meisten Dinge bekämpft, die ich hochhalte. Dazu gehören Demokratie, Pluralismus, Säkularismus, die absolute Gleichstellung der Geschlechter, bartlose Männer, Tänze (jeder Art), knappe Bekleidung und, nun ja, Spass. Nicht einen Moment lang stelle ich die Verpflichtung der amerikanischen Regierung oder irgendeiner anderen Regierung in Frage, das Leben ihrer Bürger zu schützen. Was ich in Frage stelle, ist die Pseudo-Erklärung für einen PseudoKrieg. Diese notwendigen Massnahmen sollten nicht als "Krieg" bezeichnet werden. Endlose Kriege gibt es nicht. Doch es gibt die Verkündung der Machtausweitung durch einen Staat, der glaubt, er dürfe nicht herausgefordert werden. Amerika hat jedes Recht, diejenigen, die diese Verbrechen begangen haben, wie auch ihre Komplizen dingfest zu machen. Aber diese Entschlossenheit ist nicht notwendigerweise ein Krieg. Begrenzte, zielgenaue Militäraktionen im Ausland bedeuten für die Daheimgebliebenen nicht, dass sie in "Kriegszeiten" leben. Es gibt bessere Methoden, Amerikas Feinde in Schach zu halten – Methoden, die unseren Verfassungsrechten und den internationalen, dem Interesse aller dienenden Abkommen weniger Schaden zufügen –, als ewig die gefährliche, hirnverbrannte Idee des endlosen Krieges heraufzubeschwören. Susan Sontag www.just-another-site.de gedruckt in Süddeutsche Zeitung 11.9.2002 Einsicht "Die Geschichte hat gezeigt, dass jede Kultur zu Fanatismus fähig ist." Jeanne Hersch Philosophin (1910-2000) FREIDENKER 11/02 3 Jahrhundert der Demozide Die Fixierung der westlichen Welt auf den jüdischen Holocaust macht es schier unmöglich, die historische Wirklichkeit zu begreifen, dass im 20. Jahrhundert annähernd 170 Millionen Menschen Opfer rechter und linker Terrorregime geworden sind. Die These von der Einzigartigkeit des Holocaust lässt die wissenschaftliche Diskussion über die Vergleichbarkeit völkermörderischer Terrorregime fast alle illegitim erscheinen. Wissenschaftler, die dieses Frageverbot nicht akzeptieren und den Holocaust mit anderen Terrorregimen vergleichen, setzen sich der Gefahr aus, als historische Revisionisten denunziert zu werden. Diese Gefahr ist neueren Datums, da die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges um diese mögliche Vergleichbarkeit von Terror gewusst und sie gefürchtet haben und deshalb den Genozid an den europäischen Juden, der damals noch nicht Holocaust genannt wurde, nicht unter die Anklagepunkte im Nürnberger Prozess aufnehmen wollten. Entgegen den populären Vorstellungen über den Prozess sind die Hauptangeklagten nicht wegen des Holocaust, sondern wegen anderer Verbrechen verurteilt und hingerichtet worden. Das erstaunliche Ausklammern des jüdischen Holocaust in Nürnberg wurde von Justice Robert Jackson, dem amerikanischen Hauptankläger, damit begründet, dass, wie er in den Londoner Vorverhandlungen zum Prozess im Juni 1945 erklärte, "wir gelegentlich in unserem eigenen Land bedauernswerte Umstände haben, in denen Minderheiten unfair behandelt werden". Ob diese Bemerkung Jacksons auf Indianer oder Schwarze gemünzt war, erläuterte er nicht. Auch Raoul Hilberg, der in seinem dreibändigen Werk über Die Vernichtung der europäischen Juden (1989) ausführlich über diese Weigerung der Londoner Delegierten, die "Vernichtung der europäischen Juden als Verbrechen sui generis" zu behandeln, geschrieben hat, erklärt Jacksons Bemerkung nicht. Die Vermutung liegt nahe, dass Jackson primär nicht an sein eigenes Land gedacht hat, da die Sensibilität für amerikanischen Rassismus in den USA im Augenblick des triumphalen Sieges über Nazideutschland und während der Weiterführung des pazifischen Krieges gegen Japan bis August 1945 nicht besonders ausgeprägt war. Er hat wahrscheinlich befürchtet, dass der geplante Prozess gegen die Naziführung durch die zunehmenden Berichte über die Opfer des sowjetischen Gulag-Regimes schweren Belastungen ausgesetzt werden könnte. Zudem hätten Fragen über die britische Weigerung, Juden vor und während des Krieges nach Palästina einwandern zu lassen und Fragen an die amerikanische Adresse, warum sie sich geweigert hatten, zum Beispiel die unausgeschöpfte deutsche Einwanderungsquote vor der deutschen Kriegserklärung vom 9. Dezember 1941 für jüdische Flüchtlinge freizugeben, zu unerwünschten Kontroversen während des Prozesses führen können. Die Delegierten waren sich einig, dass der Prozess stattfinden sollte. Deshalb bemühten sie sich auch, alle interalliierten Konflikte zu vermeiden. Jackson hatte den Russen mit seiner amerikanischen Selbstkritik eine Eselsbrücke gebaut, die sie dann auch mit grosser Selbstsicherheit betraten. In den Londoner Verhandlungsprotokollen gibt es keine sowjetischen Geständnisse, die Jacksons selbstkritischen Beobachtungen zur Seite gestellt werden könnten. Schwarzbuch des Kommunismus Wer "Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror" (dt. 2000) liest, begreift, wie zweifelhaft, wenngleich verständlich die Entscheidung der westlichen Alliierten im Jahr 1945 gewesen ist. Der Hauptherausgeber des Buches, Stephane Courtois, lässt an seiner Einstellung zum Vergleich kommunistischer und nazistischer Verbrechen keine Zweifel aufkommen. Er kontrastiert bereits in der Einleitung die "Verbrechen des Kommunismus" mit denen der Nazis, wenn er von den 100 Millionen Opfern des Kommunismus und den 25 Millionen der Nazis spricht. Mit dieser provozierenden Gegenüberstellung will er nicht nur das Schweigen über die Vergleichbarkeit faschistischer und kommunistischer Terrorregime brechen. Er will zugleich die Kollaboration der kommunistischen Parteien im Westen und ihrer intellektuellen Mitläufer an dieser Ökonomie des Terrors anprangern. Im französischen Fall führte das bereits im Dezember 1997 zu einer Parlamentsdebatte, in der Premierminister Lionel Jospin seinem kommunistischen Koalitionspartner ganz im Nürnberger Stil die historische Absolution erteilte, da die KPF zur antifaschistischen Front gehört hatte. Dieser Versuch der Linken, sich um die Aufarbeitung des revolutionären Morderbes von Lenin bis Pol Pot herumzudrücken, wird durch das Livre noir unmöglich gemacht. Denn die globale Aufrechnung, die von den sechs Autoren für Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika geleistet wird, lässt trotz der unterschiedlichen Akzentuierung in einzelnen Beiträgen keinen Zweifel an der makrokriminellen Dimension der marxistischen Utopieverwirklichung aufkommen. Die ideologische Phantasie, die im 20. Jahrhundert so erfolgreich an die Macht gekommen ist, verwirklichte sich mit vergleichbaren Zielen und Methoden in faschistischen und kommunistischen Terrorregimen. Tödliche Politik Die Autoren des Livre noir sind keineswegs die einzigen Wissenschaftler, die sich mit vergleichbarem Terror beschäftigen, auch wenn es vor allem Historiker und nicht Sozialwissenschaftler sind, die sich für dieses signifikante Phänomen des 20. Jahrhunderts interessieren. Der amerikanische Politikwissenschaftler Rudolph Rummel (Universität Hawaii) hat seit 1990 fünf Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. Sie befassen sich mit der Sowjetunion ("Lethal Politics"), den beiden China ("China’s Bloody Century"), Nazideutschland ("Nazi Democide") und den vergleichbaren Aspekten dieser megalomanischen Regime, die jeweils mehr als zehn Millionen Menschen umgebracht haben ("Death by Government"). Sein bisher letztes Werk, "Statistics of Genocide", beschäftigt sich mit jenen Regimen, die jeweils 4 FREIDENKER 11/02 "nur" eine bis zehn Millionen auf dem Gewissen haben wie zum Beispiel Hirohitos Japan, die Türkei, Nordkorea, Titos Jugoslawien und vor allem Pol Pots Kambodscha. Dass Rummel für diese Arbeit keinen Verleger gefunden hat, sondern sie in kopierter Form von einem Institut an der Universität Virginia vertreiben lässt, erklärt sich nicht allein aus der spröden Datenpräsentation, sondern gehört auch zum allgemeinen Desinteresse am Vergleich von Völkermord in den USA. Seltsamerweise wird Rummel auch nicht im Livre noir der Franzosen erwähnt, obgleich vor allem seine Begriffsschöpfung "Demozid" für die Studie der Franzosen hilfreich gewesen wäre. Demozid statt Genozid Der Begriff Demozid wurde von Rummel gewählt, weil "Genozid" seit der Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen von 1948 eine ethnisch-rassische Gruppenidentität für die Opfer voraussetzt. Diese spezifische Identität trifft für die meisten Terrorregime im 20. Jahrhundert nicht zu, die ihre Opfer neben ethnisch-rassischen nach sozialen, politischen, religiösen, intellektuellen, medizinischen und anderen Kriterien aussortieren. Selbst Nazideutschland liesse sich besser als DemozidRegime charakterisieren, weil die Mehrheit der 25 Millionen Opfer – Rummel spricht von 21 Millionen – nicht Juden waren. Demozide sind das direkte Resultat von Machtbefehlen, die aus dem politischen Funktionszentrum eines Regimes kommen. Sie entstehen nicht als spontane Pogrome oder als kulmi-nierende Aktion einer ideologischen Entwicklung, wie etwa Daniel Jonah Goldhagen das für den Holocaust durch Rekurs auf einen in der deutschen Gesellschaft tief verwurzelten Antisemitismus zu belegen versuchte. Demozide werden von Regimen veranstaltet, um wahnlogische Projekte der Weltveränderung, die Führer wie Lenin, Stalin, Hitler, Mao und Pol Pot konzipierten, in die Tat umzusetzen. Vergleichbarkeit der Ideologien Hannah Arendt hatte bereits 1951 in ihrem Werk "Ursprünge und Elemente totaler Herrschaft" auf die Vergleichbarkeit zweier ideologischer "Zwangsdoktrinen" hingewiesen. Sie schrieb damals: "Die eine ist die zur Ideologie erstarrte marxistische Lehre vom Klas- senkampf als dem eigentlichen Motor der Geschichte und die andere ist die von Darwin angeregte und mit dem marxistischen Klassenkampf in mancher Beziehung verwandte Lehre von einem von der Natur vorgeschriebenen Rassenkampf, aus dem sich der Ge-schichtsprozess, vor allem der Aufund Abstiegsprozess von Völkern ableiten lässt." Ihr Ansatz wurde nicht fortgesetzt, da sich weder die Konservativen noch die Linken angesprochen fühlten. Es erging ihr zwar damals nicht so schlimm wie Albert Camus, der 1951 nach der Veröffentlichung seines Essays über die Ursprünge der spekulativen Wahnlogiken, L’Homme revolte, von Sartre und seinen Mitläufern zum intellektuellen Aussätzigen erklärt wurde. Arendt erlebte dieses Schicksal erst nach dem Erscheinen von Eichmann in Jerusalem (1963), als man sie bewusst missverstehen wollte. Sie begriff das Böse nicht als Spezifikum der deutschen Kulturentwicklung, sondern als menschliches Verhaltenssyndrom, dessen Banalität universal ist und sich deshalb auch anderswo manifestieren kann. Das Schwarzbuch belegt auf vergleichender kontinentaler Breite, wie richtig Hannah Arendts Einsichten schon damals gewesen sind. Verdrängt und vergessen Die Beschreibung der Einnahme Nankings durch japanische Truppen im Dezember 1937, die Iris Chang 1997 in ihrem Buch "Die Vergewaltigung von Nankin" (dt. 1999) gibt, bestätigt nicht nur, wie richtig die Vergleichsperspektive selbst, sondern wie verbreitet die Verdrängung von Makroverbrechen ist, die nicht zum eigenen Erfahrungshorizont gehören. Bis heute behandeln die Japaner den von der kaiserlichen Armee befohlenen und organisierten Massenmord an 300'000 Menschen und die Vergewaltigung von nahezu 80'000 Frauen in weniger als sechs Wochen in ihrer Geschichte nicht. Iris Chang kon- trastiert das Schweigen der Japaner über ihre "Orgie der Grausamkeit" mit der Erinnerungsarbeit der Deutschen. Sie stellt dieses Schweigen aber auch dem jährlichen Ritual gegenüber, das in Hiroshima und Nagasaki für die 140'000 beziehungsweise 70'000 Toten der amerikanischen Atombomben veranstaltet wird. Dieser Toten wird gedacht, weil sie zur eigenen Erfahrungsgeschichte gehören und deshalb verstanden werden. (...) Iris Changs detaillierte Beschreibungen von Beerdigungen Lebender, Verstümmelungen, Vereisungen, Verbrennungen, Massenerschiessungen, Wettbewerben der Enthauptung, Reihenvergewaltigungen von Teenagern beweisen, wie gewöhnlich und verbreitet diese Praktiken des Terrors im 20. Jahrhundert gewesen sind. (...) Fazit: Demozide vom Charakter des Holocaust sind nicht einzigartig Je mehr Daten von den Szenarien des politischen Demozids im 20. Jahrhundert die vergleichende Forschung erfasst, um so klarer ist das Ergebnis. Demozide vom Charakter des Holocaust sind nicht einzigartig. Angesichts der überwältigenden Terror-Evidenz des Jahrhunderts ist eine Rangordnung des Völkermords, mit dem Holocaust als Paradigma, für das Verständnis unnütz. Im Gegenteil: Die These von der Einzigartigkeit des Holocaust lenkt von der deprimierenden Evidenz ab, indem sie den Deutschen die Verwirklichung des Bösen als ewigen Zivilisationsbeitrag überlässt, während sich der Rest der Menschheit in bewusstloser Unschuld und Sicherheit der normalen Tagesordnung des Lebens zuwenden kann. Manfred Henningsen Manfred Henningsen geboren 1938 in Flensburg, lehrt politische Wissenschaften an der Universität Hawaii in Honolulu. Der hier gekürzt wiedergegebene Text erschien erstmals in: Die Zeit, 4. 6. 1998 unter dem Titel: "Das Jahrhundert der Demozide. Ist der Holocaust wirklich unvergleichbar?" Weiterführende Informationen in den im Text bezeichneten Werken und auf dem Internet z.B. auf www.hawaii.edu/powerkills FREIDENKER 11/02 5 Kalrheinz Deschner zu Gast in Zürich Karl Heinrich Leopold Deschner wurde am 23. Mai 1924 in Bamberg geboren. Sein Vater Karl, Förster und Fischzüchter, katholisch, entstammte ärmsten Verhältnissen. Seine Mutter Margareta Karoline, geb. Reischböck, protestantisch, wuchs in den Schlössern ihres Vaters in Franken und Niederbayern auf. Sie konvertierte später zum Katholizismus. Karlheinz Deschner, das älteste von drei Kindern, ging zur Grundschule in Trossenfurt (Steigerwald) von 1929 bis 1933, danach in das Franziskanerseminar Dettelbach am Main, wo er zunächst extern bei der Familie seines Tauf- und Firmpaten, des Geistlichen Rats Leopold Baumann, wohnte, dann im Franziskanerkloster. Von 1934 bis 1942 besuchte er in Bamberg das Alte, Neue und Deutsche Gymnasium als Internatsschüler bei Karmelitern und Englischen Fräulein. Im März 1942 bestand er die Reifeprüfung. Wie seine ganze Klasse meldete er sich sofort als Kriegsfreiwilliger und war mehrmals verwundet – bis zur Kapitulation Soldat, zuletzt Fallschirmjäger. Zunächst fernimmatrikuliert als Student der Forstwissenschaften an der Universität München, hörte Deschner 1946/47 an der Philosophisch-theologischen Hochschule in Bamberg juristische, theologische, philosophische und psychologische Vorlesungen. Von 1947 bis 1951 studierte er an der Universität Würzburg neue deutsche Literaturwissenschaft, Philosophie und Geschichte und promovierte 1951 mit einer Arbeit über "Lenaus Lyrik als Ausdruck metaphysischer Verzweiflung" zum Dr. phil. Der im selben Jahr geschlossenen Ehe mit Elfi Tuch entstammen drei Kinder, Katja (1951), Bärbel (1958) und Thomas (1959 bis 1984). Von 1924 bis 1964 lebte Deschner auf einem früheren Jagdsitz der Würzburger Fürstbischöfe in Tretzendorf (Steigerwald), dann zwei Jahre im Landhaus eines Freundes in Fischbrunn (Hersbrucker Schweiz). Seitdem wohnt er in Hassfurt am Main. Karlheinz Deschner hat Romane, Literaturkritik, Essays, Aphorismen, vor allem aber religions- und kirchenkritische Geschichtswerke veröffentlicht. Auf über zweitausend Vortragsveranstaltungen hat Deschner im Laufe der Jahre sein Publikum fasziniert und provoziert. 1971 stand er in Nürnberg "wegen Kirchenbeschimpfung" vor Gericht. Seit 1970 arbeitet Deschner an seinem gross angelegten Werk "Kriminalgeschichte des Christentums". Da es für so beunruhigende Geister wie ihn keine Posten, Beamtenstellen, Forschungsstipendien, Ehrensolde, Stiftungsgelder gibt, war ihm die ungeheure Forschungsarbeit und Darstellungsleistung nur möglich dank der selbstlosen Hilfe einiger Freunde und Leser, vor allem dank der Förderung durch seinen grossherzigen Freund und Mäzen Alfred Schwarz, der das Erscheinen des ersten Bandes im September 1986 noch mitgefeiert, den zweiten Band aber nicht mehr miterlebt hat, dann des deutschen Unternehmers Herbert Steffen. Im Sommersemester 1987 nahm Deschner an der Universität Münster einen Lehrauftrag wahr zum Thema "Kriminalgeschichte des Chri- Sektion Zürich stentums " . Für sein aufklärerisches Engagement und für sein literarisches Werk wurde Karlheinz Deschner 1988 – nach Koeppen, Wollschläger, Rühmkorf – mit dem Arno-Schmidt-Preis ausgezeichnet, im Juni 1993 – nach Walter Jens, Dieter Hildebrandt, Gerhard Zwerenz, Robert Jungk – mit dem Alternativen Büchnerpreis und im Juli 1993 – nach Sacharow und Dubcek – als erster Deutscher mit dem International Humanist Award. Im Herbst 2001 wurde er mit dem Erwin-Fischer-Preis ausgezeichnet, im November 2001 zudem mit dem Ludwig-Feuerbach-Preis. www.deschner.info Band 7 der Kriminalgeschichte Routiniert setzt der wohl bedeutendste und schärfste zeitgenössische Kirchenkritiker Karlheinz Deschner sein auf 10 Bände angelegtes Lebenswerk fort. Die Anfänge seiner Kirchenkritik reichen bis in die fünfziger Jahre. Dieser Teil widmet sich besonders dem 13. Und 14. Jahrhundert. Es ist die Zeit der fortgesetzten Kreuzzüge, des Beginns der Inquisition, des Aufstiegs des Deutschen Orden und der Pogrome – Christen gegen Juden und Christen gegen Christen. Kaisertum und Papsttum ringen um die Macht ohne Rücksicht und auf Kosten der Völker. Detailliert und mit unwiderlegbarem Faktenwissen zeichnet Deschner ein schockierendes Bild des "Zeitalters der Leidenschaften". Von Habsucht und Missgunst getrieben schachern und kämpfen skrupellose Potentaten Büchertisch um die Welt, während die Völker verwildern und verrohen. Deschners Erziehung war durch und durch katholisch. Sein Wissen um die Strukturen innerhalb der Kirche kann nicht bestritten werden. Seine publizistische Karriere begann er mit Literaturkritiken und Romanen. Inzwischen lassen sich mit seinen Veröffentlichungen ganze Bibliotheken füllen. Zum erbitterten Gegner der christlichen Religion wurde er in der objektiven Erkenntnis, dass im Christentum "nichts stimme". Bereits von seinen dogmatischen Anfängen, spätestens aber seit das Christentum im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion erhoben wurde, sei seine Geschichte eine lange Reihe der scheusslichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deschner polarisiert. Für die einen ist er ein moderner Voltaire, für 6 FREIDENKER 11/02 Freidenker-Vereinigung Zürich Die Vertretung der Interessen Konfessionsloser in den Sektionen Basel - Union Jeden letzten Freitag im Monat ab 19 Uhr: Freie Zusammenkunft im Restaurant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat: Vorstandssitzung um 19 Uhr Bern Voranzeige Öffentlicher Vortrag Karlheinz Deschner Der wohl bedeutendste Kirchen- und Religionskritiker unserer Zeit liest aus seinem Lebenswerk Kriminalgeschichte des Christentums und trägt seine sehr persönlichen und kritischen Aphorismen (Denksprüche) vor Freitag, 22. November 2002, 19.30 Uhr Volkshaus Zürich, Blauer Saal, Stauffacherstr. 60, 8004 Zürich Eintritt frei Nach der Veranstaltung bestehen mit Nachtzügen gute Verbindungen in alle grösseren Städte! Sonntag, 8. Dezember 2002 Jahresfeier Details und Anmeldung in der Einladung oder beim Präsidenten Grenchen Freitag, 22. November ab 19 Uhr Gemütlicher Höck mit Jassgelegenheit im Säli des Rest. "Metzgerhalle", Centralstr. 29. Anmeldung nicht nötig. Mittelland Samstag, 7. Dezember ab 15 Uhr Freie Zusammenkunft im Hotel "Arte", Riggenbachstr. 10, Olten Schaffhausen Jeden 3. Donnerstag im Monat 20 Uhr, Freie Zusammenkunft im Rest. "Falken", Schaffhausen Winterthur Mittwoch, 6. November 19.30 Uhr Diskussionsabend: Frei denken – frei leben! im Hilfdi-Club, Technikumstrasse 90 Voranzeige die anderen die Ausgeburt des Bösen, der "Oberteufel" gar. Ihm wird häufig Einseitigkeit vorgeworfen und in der Tat fegt er kühn jeden Zweifel an der Schuld des Angeklagten mit leidenschaftlichster Polemik fort, nicht jedoch ohne ein ganzes Arsenal an Beweisen bereitzuhalten. Wie sollte man sich auch anders verhalten, in der bitteren Erkenntnis, dass die bisherige Darstellung der Geschichte immer wieder gefälscht und geschönt wurde? Immer wieder haben sich die christliche Kirche und ihre Führer so weit vom Ideal der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit entfernt, dass man sich mit Recht fragen muss, "ob es Christen überhaupt je gegeben hat". Heiligen für Heiligen und Papst für Papst knüpft Deschner sich vor und entlarvt ihre Scheinheiligkeit. Nie hätten sie die christlichen Ideale im Sinn gehabt, sondern nur die Vermehrung der eigenen Macht und des eigenen Reichtums. Der erste Band der "Kriminalgeschichte des Christentums" erschien 1986. Darin widmet sich Deschner den Anfängen des Christentums ohne in die verklärte Vorstellung zu verfallen, es hätte je irgendeine Art romantisches Urchristentum gegeben. Am Anfang des jetzt vorliegenden Bandes steht der deutsche Kaiser Heinrich VI. und seine Auseinandersetzung mit dem Papst. Am Ende dieser Periode verliert das Papsttum seinen Anspruch auf Universalherrschaft. Seine Gegner schaffte Heinrich VI. auf brutalste Weise aus dem Weg. Er liess sie häuten, hängen, köp-fen, ihnen die Augen ausstechen oder ihnen glühende Kronen an den Kopf nageln. Seine Widersacher und seine und deren Nachfolger waren auch nicht zimperlich. Skrupellos bediente sich Papst Innozenz III., der "mächtigste Papst der Geschichte", der Kreuzzüge, um den kirchlichen Herrschaftsbereich auszudehnen. Der militante Deutsche Orden wurde zu einer der wichtigsten Stützen kirchlicher Macht. Folter und Inquisition erstickten jeden freien Geist. In dieser Zeit wurden wichtige staatenbildende Kriege geführt, deren Ergebnisse Europas Antlitz bis heute prägen. Sie liefern auch die Ursache für viele zeitgenössische Konflikte. Komplettiert wird dieser Band von einem umfangreichen Quellenverzeichnis, wie man es heute nur noch selten findet. Deschner weiss, dass seine unbequemen Aussagen kontrollierbar sein müssen. Steffen Blaese, Berlin Sonntag, 8. Dezember 2002 Liechterfäscht siehe Einladung Zürich Samstag, 2. November 14.30 Uhr Öffentlicher Vortrag: Erlebt die Wirtschaft eine Ethikkrise? Referent: Dr. Klaus Peter Rippe Rest. "Schweighof", Schweighofstr. 232 Dienstag, 12. November 14.30 Uhr Freie Zusammenkunft Werner Strebel liest aus Deschner’s "Für einen Bissen Fleisch". "Ich frage mich immer öfter, ob ich meine Kraft nicht besser einer noch hoffnungsloseren Thematik geopfert hätte, der 'geschundensten' Kreatur – dem Tier." Karlheinz Deschner Anschliessend Diskussion Rest. "Schweighof", Schweighofstr. 232 Freitag, 22. November 19.30 Uhr Karlheinz Deschner liest aus seiner "Kriminalgeschichte des Christentums". Siehe Inserat FREIDENKER 11/02 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union TrauerFeiern Basel (Vereinigung) 061 42112 80 Basel (Union) 061 321 39 30 oder 061 601 03 23 Bern 034 402 45 27 oder 031 372 56 03 Grenchen 076 53 99 301 oder 032 645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041 420 45 60 oder 041 440 76 36 Schaffhausen 052 337 22 66 St. Gallen 052 337 22 66 Vaud Waadt 026 660 46 78 ou 022 361 37 12 Winterthur und Thurgau 052 337 22 66 Zürich Natel 079 646 20 64 Falls unter der regionalen Nummer niemand zu erreichen ist: Zentralsekretariat FVS 032 641 26 24 oder 052 337 22 66 Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Basel und Umgebung Postfach 302, 4012 Basel *auch Fax Präsidentin: Y. Andrek 061 401 35 19* Vizepräsidentin: B. Bisig 061 321 31 48* Kassier: R. Wenger Tel. 061 692 86 27 Fax 061 692 86 28 Mitgliederdienst: R. Frey 061 421 12 80 Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: G. Rudolf 061 601 03 43 Infos: 061 321 39 30, 061 601 03 23 Mitgliederdienst: 061 321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 Ortsgruppe Bern Postfach 554, 3550 Langnau Präsident: D. Aellig 034 402 45 27 Mitgliederdienst: J. Kaech 031 372 56 03 Libre Pensée de Genève 27 ch. des quoattes, 1285 Avusy Président:J.P. Bouquet 022 756 40 49 tél. et fax Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Präsident: P. Hess 032 645 38 48 oder 076 376 38 48 Mitgliederdienst: L. Höneisen 076 53 99 301 Sektion Luzern-Innerschweiz Postfach 2908, 6002 Luzern Präsident: E. Ochsner 041 440 76 36 FVS Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: W. Zollinger 062 293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen Präsident: M. Bollinger 052 685 13 62 Regionalgruppe St. Gallen Haldenweg 37, 9100 Herisau Präsidentin: S. Breitler 071 351 29 81 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Président: J.P Ravay 022 361 94 00 Secrétariat: 026 660 46 78 Winterthurer Freidenker Postfach 1806, 8401 Winterthur Präsident: J.L. Caspar 052 337 22 66 Sekretariat: D. Dünki 052 222 98 94 Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident: W. Strebel 055 414 23 63 Natel 079 646 20 64 Mitgliederdienst: M. Dobler 01 341 38 57 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: 01 251 80 66 FVS Zentralsekretariat Zentrakasse Mitglieder melden ihre Adressänderungen bitte an die Sektionen. Zuschriften an den Vorstand, Adressänderungen Nichtmitglieder, Auskünfte, Materialbestellungen an: Zentralsekretariat FVS Postfach 217 CH-2545 Selzach Tel. 032 641 26 24 Fax 032 641 26 25 Internet: www.freidenker.ch Postkonto: 84-4452-6 Adressänderungen an: Postfach 217 CH-2545 Selzach Impressum Redaktion Reta Caspar Rainweg 9 031 911 00 39 3052 Zollikofen e-mail: reta.caspar@swissonline.ch Redaktionsschluss 15. des Vormonats Jahresabonnement Schweiz: Fr. 25.– inkl. Porto Ausland: Fr. 30.– inkl. Porto (B-Post) Probeabonnement: 3 Monate gratis Druck und Spedition Basler Druck+Verlag AG, bdv Postfach, 4010 Basel ISSN 0256-8993, Ausgabe 11/2002 Namentlich gekennzeichnete Beiträge können, aber müssen nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. 2545 Selzach AZB