Abstimmung im Wallis: «frei entscheiden – bis ans Lebensende»

Das Wallis stimmt am 27. November 2022 über das Gesetz über die Palliative Care und die Rahmenbedingungen für Beihilfe zum Suizid in Institutionen und Einrichtungen ab. Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz engagiert sich für ein klares «Ja» an der Urne.

Sterbehilfe

Die Suizidhilfe ist eine Freiheit und ein Recht, das vom Bundesgericht und vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht anerkannt wird. Trotzdem gibt es Gesundheitseinrichtungen, die dies ihren dort lebenden BewohnerInnen verunmöglichen. Das Gesetz über die Palliative Care und die Rahmenbedingungen für Beihilfe zum Suizid in Institutionen und Einrichtungen (GPCBSIE) soll zukünftig die Praxis der Suizidhilfe in Institutionen mit öffentlichem Auftrag regeln – im Kanton Wallis betrifft dies alle.

Neu kann den BewohnerInnen von Gesundheitsinstitutionen und Sozialeinrichtungen die Möglichkeit, Suizidhilfe zu erhalten, nicht mehr verwehrt werden, wenn die Institution ihr gewohnter Lebensort ist. «Ein Heim, das staatliche Subventionen annimmt, muss sich auch mit den staatlichen Regelungen abfinden!» bringt es unser Präsident Andreas Kyriacou auf den Punkt.

Trotz guter Chancen braucht es jede Stimme
Im Grossen Rat wurde die Vorlage mit einer 2/3-Mehrheit angenommen und die Regierung empfiehlt der Bevölkerung, das gleiche zu tun. Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage des Politik- und Kommunikationsforschungsinstituts gfs Zürich von 2020 zeigt, dass 76% der Walliser Bevölkerung hinter der Suizidhilfe durch eine Organisation wie z.B. Exit oder Dignitas steht. Die Ausgangslage ist also gut, doch gewonnen ist die Abstimmung damit noch nicht.

Die Abstimmung im Kanton Luzern hat zwar kürzlich gezeigt, dass sich die Bevölkerung nicht mehr so leicht von religiösen Forderungen beeindrucken lässt. Wie gross der Einfluss der religiös-konservativen Kräften im Wallis ist, welche die Vorlage bekämpfen, ist schwierig einzuschätzen. Insbesondere die Beihilfe zum Suizid in Heimen ist umstritten, so sprechen sich einige Leitungen von Alters- und Pflegeheimen dagegen aus und lassen sie in ihren Räumlichkeiten nicht zu. Die Kommunikationschefin der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, Lisa Arnold, zeigt sich dennoch positiv gestimmt, dass sich der Luzerner Trend auch diesmal bestätigt: «Wir sind zuversichtlich, dass die Walliser Stimmberechtigten die nächsten sind, die zeigen, dass säkulare Werte mehrheitsfähig sind. Denn das Gesetz will ja nichts anderes als sicher zu stellen, dass der legale assistierte Suizid (siehe unten) auch tatsächlich eine der Möglichkeiten ist, für die sich Heimbewohnende entscheiden können.»

Auch im Wallis die Menschenrechte gewähren
Palliative Care und Beihilfe zum Suizid sind Themen, die in unserer Gesellschaft an Bedeutung gewinnen. Das eigene Leidens- und Lebensende zu bestimmen ist ein natürliches menschliches Bedürfnis. «Frei entscheiden, auch am Lebensende» steht für die Freidenker-Vereinigung der Schweiz im Zentrum bei der Abstimmung am 27. November, die bei Annahme der Gesetzesänderung dafür sorgt, dass auch in den Walliser Institutionen und öffentlichen Einrichtungen die Menschenrechte gewährt werden müssen.


Der rechtliche Rahmen der Sterbehilfe in der Schweiz Show more

Die Artikel 111 bis 117 des Schweizerischen Strafgesetzbuches behandeln die Tötung. Die Artikel 114 und 115 stecken die rechtlichen Grenzen der Sterbehilfe ab. Die aktive Sterbehilfe ist nach Artikel 114 verboten:

Wer aus achtenswerten Beweggründen, namentlich aus Mitleid, einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches Verlangen tötet, wird mit Frei­heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Assistierte Suizid ist jedoch nur dann eine Straftat, wenn sie aus selbstsüchtigen Motiven im Sinne von Artikel 115 erfolgt:

Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Selbstmord aus­geführt oder versucht wurde, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Diese beiden Artikel umreissen den möglichen Tätigkeitsbereich von Organisationen, die assistierten Suizid leisten. Obwohl im Strafgesetzbuch selbst nicht ausdrücklich erwähnt, ist eine wichtige Voraussetzung, dass der Sterbewunsch anhaltend ist und autonom geäussert wurde.

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