"Islamophobie": Kacem El Ghazzali zum Blasphemievorwurf anlässlich von Islamkritik

 

Auf seinem Blog schreibt Kacem El Ghazzali über die Scheu vor allem westlicher Intellektueller, das fundamentalistische Potential des Islam beim Namen zu nennen:

Es ist jedenfalls schon erstaunlich, dass ausgerechnet jene Liberalen aus dem Westen, die für sich das Erbe der Aufklärung in Anspruch nehmen, nicht selten davon sprechen, dass Islamisten und Djihadisten den Islam missbrauchen würden. Was macht sie so sicher, dass sie bar jeder Evidenz und Erfahrung unentwegt behaupten, die Fundamentalisten seien nicht islamisch und hätten nichts mit dem Islam zu tun? Missbrauchte etwa auch der Prophet Mohammed den Islam, als er, wie es im Koran und den Hadithen nachzulesen ist, religiöse Kriege gegen Nichtgläubige und Juden geführt oder Apostaten zum Abschuss freigegeben hatte?

Er zieht den Vergleich zur europäischen Aufklärung, welche er gleichermassen wie die aktuell sich fortschreitend entwickelnde Situation des Islam als einen "dialektischen geschichtlichen Prozess" betrachtet. Nur durch "harte geschichtliche Auseinandersetzungen" war es gelungen die Aufklärung - gegen den erbitterten Widerstand des Christentums - durchzusetzen und als Basis der westlichen Gesellschaften zu festigen.

Dementsprechend zieht er das Fazit, dass nicht ein Leugnen und Verharmlosen des im Islam inhärenten Problempotentials  den Weg für einen Prozess der Aufklärung und Modernisierung desselben ebnet:

Statt also auf diejenigen regressiven Linken zu hören, die wie beim djihadistischen Anschlag in Paris und  auf Charle Hebdo noch beinahe jeden islamistischen Terroranschlag verharmlost oder gar legitimiert haben, sollte der Westen besser Denkerinnen und Denker wie Elham Manea, Ahmed Mansour, Hamed Abdel Samad und andere liberale, säkulare Muslime und Ex-Muslime unterstützen. Diese kennen den Islam nicht nur besser, sondern sie haben auch unter seinen religiösen Gesetzen gelebt und sich für Jahre eingehend mit ihm auseinandergesetzt.

Diese (ex-)muslimischen Aufklärerinnen und Aufklärer sind der Auffassung, dass, um die Aufklärung im Islam zu initiieren, zunächst die unleugbare Tatsache anerkannt werden muss, dass der Islam selbst, also auch der Prophet und der Koran, nicht unfehlbar ist und Gegenstand von Kritik sein muss.

>>Zum Artikel von Kacem El Ghazzali

 

Der Autor:

Kacem El Ghazzali, 26, ist einer der wenigen Marokkaner, die ihren Atheismus öffentlich vertreten. Er lebt deswegen seit 2011 als Flüchtling in der Schweiz. Der Schriftsteller ist Vertreter der International Humanist and Ethical Union am UNO-Menschenrechtsrat in Genf sowie Ko-Direktor der Raif Badawi Foundation for Freedom.