Religionsunterricht und Religionsfreiheit

Es gibt ein  Bundesgerichtsurteil von 1897 (eines der ältesten!):

"Da der Inhaber der väterlichen Gewalt über die religiöse Erziehung seiner Kinder bestimmen kann, darf er diese auch dem in den öffentlichen Schulen erteilten "religiösen Unterricht" entziehen. Ein biblischer Geschichtsunterricht, der im Lehrprogramm speziell die Bibel und das neue Testament vorgesehen hat, kann nicht als historischer Unterricht im Sinne von Geschichte angesehen werden. Deshalb darf er auch nicht als obligatorisches Schulfach erklärt werden."

100 Jahre später bestätigt: 1997: 2P.420/1997 "Religionsunterricht" dort heisst es "die verfassungsrechtlichen Garantien schützen vielmehr vor staatlichem Zwang zum Besuch von (konfessionellem) Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, indem dieser ausschliesslich als fakultatives Fach auf freiwilliger Basis angeboten werden darf (E. 5)."

Praktisch wird das in den Kantonen mit einem Dispensationsrecht gehandhabt.

"Teaching about religion" im Sinne des Faktenwissens über die Religion als Phänomen kann als religionswissenschaftlich bezeichnet und akzeptiert werden. Es kann in der Allgemeinbildung als Kulturphänomen einen Platz haben.

Allerdings versuchen die Kirchen überall, dieses Wissenschaftsverständnis zu verdrehen. Unter dem Namen "Religion und Kultur" wird heute in vielen Kantonen deshalb Religion in neuen Schläuchen verkauft.

Nachdem in vielen Kantonen der Religionsunterricht an der Volksschule in ein Fach "Natur - Mensch - Mitwelt" o. ä. aufgegangen und darin - wenn überhaupt - als Religionskunde betrieben worden ist, beobachten wir in den letzten 10-15 Jahren tatsächlich, dass die Kirchen versuchen, über ein neues, verbindliches Fach wieder Einfluss zu gewinnen. Die Zentralschweiz gilt vielerorts als vorbildlich. Formal sieht das auch nicht schlecht aus. Aber es ist klar, dass da alter Wein in neuen Schläuchen serviert wird. Im Kanton Zürich sind wir derzeit im Clinch mit dem Fach "Religion und Kultur" das  - entgegen den Versprechungen der Regierung - faktisch nun ebenfalls als Religionspropaganda daherkommt. Unsere Androhung von rechtlichen Schritten gegen das Obligatorium hat dort  in letzter Minute etwas Hektik bewirkt.

In Deutschland haben 2010 Michael Schmidt-Salomon und Elke Held ihren Sohn vom obligatorischen Ethikunterricht abgemeldet, weil er feststellen musste, dass die Unterrichtsmaterialien die gleichen waren wie im katholischen Religionsunterricht: http://giordanobrunostiftung.wordpress.com/2010/01/24/michael-schmidt-salomon-und-elke-held-melden-ihren-gemeinsamen-sohn-vom-ethikunterricht-ab.

Schlagworte