Frankreich: Charta für die Laizität an den öffentlichen Schulen

Zum Schulbeginn 2013 sind an allen öffentlichen Schulen fünfzehn Artikel angeschlagen worden, in denen die Grundbegriffe der weltlichen Republik für das Zusammenleben von der Vorschulstufe bis zum Baccalauréat erklärt und zusammengefasst sind:

1.    Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik. Sie garantiert die Gleichheit vor dem Gesetz für alle BürgerInnen auf ihrem ganzen Territorium. Sie respektiert jede Weltanschauung. 2.    Die laizistische Republik trennt Staat und Religionen. Der Staat ist neutral gegenüber den religiösen oder spirituellen Überzeugungen. Es gibt keine Staatsreligion. 3.    Die Laizität garantiert die Gewissensfreiheit für alle. Jede/r ist frei zu glauben oder nicht. Die Laizität erlaubt den freien Ausdruck der persönlichen Überzeugungen im Respekt vor anderen und in den Grenzen der öffentlichen Ordnung. 4.    Die Laizität erlaubt eine Staatsbürgerschaft, welche die Freiheit mit der Gleichheit und Brüderlichkeit vereint – im allgemeinen Interesse. 5.    Die Republik sichert die Einhaltung ihrer Prinzipien in den Schulen. 6.   Die Laizität an den Schulen bietet den SchülerInnen die Voraussetzungen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln, ihrem freien Willen zu folgen und die Staatsbürgerschaft zu erlernen. Sie schützt die SchülerInnen vor jeglichem Bekehrungseifer und vor jeglichem Druck, der sie daran hindern will, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. 7.    Die Laizität garantiert den SchülerInnen den Zugang zu einer gemeinsamen Kultur. 8.    Die Laizität garantiert den SchülerInnen die Meinungsäusserungsfreiheit in den Schranken des gedeihlichen Funktionierens der Schule, wie dem Respekt der republikanischen Werte und der Vielfalt der Überzeugungen. 9.  Die Laizität impliziert die Ablehnung jeglicher Gewalt und Diskriminierung, garantiert die Gleichheit von Mädchen und Jungen und basiert auf einer Kultur des Respekts und des gegenseitigen Verständnisses. 10.    Das Personal hat den Auftrag, den SchülerInnen den Sinn und den Wert der Laizität zu vermitteln ebenso wie andere fundamentale Prinzipien der Republik. Es wacht über deren Einhaltung an der Schule.  Es hat die Aufgabe, die Charta auch den Eltern vorzustellen. 11.   Das Personal ist zu strikter Neutralität verpflichtet: Es darf die eigenen politischen oder religiösen Überzeugungen im Rahmen ihrer Funktion nicht zum Ausdruck bringen. 12.   Der Unterricht ist laizitär. Um den SchülerInnen eine möglichst objektiven Zugang zu der Vielfalt der Ansichten in der Welt und zur Weite und Präzision des Wissens zu öffnen, ist kein Thema a priori von der wissenschaftlichen und pädagogischen Infragestellung ausgeschlossen. Kein Kind kann unter Berufung auf eine religiöse oder politische Überzeugung  einer Lehrperson das Recht bestreiten, ein Thema aus dem Lehrplan zu behandeln. 13.    Niemand kann sich auf die religiöse Zugehörigkeit berufen, um sich den Regeln der Schulen der Republik zu entziehen. 14.    In den öffentlichen Schulen respektieren die Verhaltensregeln für die verschiedenen Bereiche die Laizität. Das ostentative Tragen von religiösen Zeichen oder Kleidungen ist untersagt. 15.   Mit ihrem Nachdenken und ihrem Verhalten tragen die SchülerInnen dazu bei, dass die Laizität an ihrer Schule gelebt werden kann.

Übersetzung: Reta Caspar in FD 4/2013